Vorhang zum Spektakel des Jahres: Am Sonntag steigt in New Jersey der Super Bowl. Es ist weit mehr als nur ein Football-Spiel zwischen den Denver Broncos und den Seattle Seahawks.

New York. Der Super Bowl, das größte Sportereignis der Welt, ist eigentlich gar kein Sportereignis. Klar, in den Seattle Seahawks und den Denver Broncos treffen in der Nacht auf Montag (0.30 Uhr/Sat.1) die besten Teams der amerikanischen Football-Profiliga NFL aufeinander, doch eigentlich geht es am letzten Januar-Wochenende in New York und im benachbarten East Rutherford ums Spektakel. Das lieben die Amerikaner – trotz des aktuellen Winterchaos.

„Ich kann das Wetter nicht kontrollieren“, sagte NFL-Boss Roger Goodell bei ESPN. New York und Teile der Ostküste kämpfen seit Tagen gegen Eis und Schneemassen. Solche Spiele würden oft bei Sauwetter ausgetragen, „wir hatten das in diesem Jahr einige Male. Das ist Football“, sagt der 54-Jährige und geht mit gutem Beispiel voran. Goodell wird am Sonntag statt in einer Loge lieber auf der Tribüne sitzen.

Die Show beginnt früh, und selbst der Broadway ordnet sich in diesen Tagen dem Football unter. Auf der weltberühmten Theatermeile wurde bereits Anfang der Woche der Super Bowl Boulevard errichtet. Fans können hier die Protagonisten hautnah erleben, Trikots kaufen und Autogramme ergattern. Etwa 450.000 Menschen werden erwartet.

Bei klirrender Kälte stimmen sich Fans und Medien auf den Showdown im MetLife Stadium von East Rutherford ein. Die kleine 8000-Seelen-Gemeinde jenseits des Hudson River beheimatet sonst die New York Giants und die New York Jets. Am Sonntag stellt sie alles in den Schatten. Wetterchaos hin oder her – es darf nichts mehr schiefgehen.

Denn der Super Bowl ist zuvorderst eine Gelddruckmaschine. Ein 30-sekündiger Werbespot beim übertragenden TV-Sender Fox kostet vier Millionen Dollar (2,9 Millionen Euro) – weltweit schauen etwa 160 Millionen Menschen zu. Im MetLife Stadium finden 82.500 Zuschauer Platz, wer jetzt noch kein Ticket hat, braucht Glück auf dem Schwarzmarkt und ein dickes Portemonnaie.

Wer dabei ist, wird Zeuge einer gigantischen Show. Eingerahmt von zwei Spielhälften findet das musikalische Halbzeit-Highlight statt: Die Red Hot Chili Peppers und Sänger Bruno Mars teilen sich die Bühne. Dabei stand die Show lange auf der Kippe, weil das Finale erstmals in einem offenen Stadion ausgetragen wird – Wetterkapriolen inklusive. Letztlich hieß es: The show must go on.

Wer sich neben dem Spektakel zufällig auch für Sport interessiert, bekommt einen echten Leckerbissen serviert. Die Seahawks stellen die beste Verteidigung der regulären Saison, die Broncos um Star-Quarterback Peyton Manning (37) den ligaweit stärksten Angriff. Seattles Hoffnungen ruhen auf Star-Running-Back Marshawn Lynch und Quarterback Russell Wilson. Manning könnte mit einem Sieg und dann insgesamt zwei Titeln zu seinem jüngeren Bruder Eli aufschließen, für die Seahawks wäre es der erste Triumph überhaupt.

Vor allem Peyton Manning steht sportlich nach einer furiosen Saison im Rampenlicht. Keiner steht in New Jersey mehr im Fokus als der Spielmacher der Denver Broncos. Bei einem Erfolg gegen die Seahawks wäre Manning der erste Start-Quarterback der NFL-Historie, der mit zwei verschiedenen Teams Champion würde. Verliert Denver, wäre die Geschichte von seiner Nervenschwäche in den großen Spielen dagegen um ein Kapitel reicher. Wird Manning als Legende oder Loser in die NFL-Geschichte eingehen?

„Ich bin in meiner 16. Saison. Ich weiß, wie hart es ist, überhaupt ins Endspiel zu kommen. Jetzt zum zweiten Mal den Super Bowl zu gewinnen, wäre etwas ganz Besonderes“, sagt der 37-Jährige. Dass Manning überhaupt die Chance hat, nach 2007 erneut Meister zu werden, war vor rund zwei Jahren von vielen bezweifelt worden. Damals spielte er bei den Indianapolis Colts – jenem Verein, der durch ihn überhaupt erst zu einer festen Adresse auf der Liga-Landkarte wurde.

Der Mann mit der Rückennummer 18 wurde bereits viermal zum wertvollsten Spieler (MVP) der Vorrunde gewählt. Vor allem wegen ihm gewannen die Colts 2007 den Titel und standen 2010 erneut im Finale. So einen Star wie Manning hatten sie zuvor in Indianapolis noch nie erlebt.

Einige sehen in ihm eine Legende, andere verweisen darauf, dass er das Gros seiner Karriere in Indianapolis und somit in einer Halle gespielt habe – bei optimalen Bedingungen. Seine Playoff-Bilanz ist mit 11:11 lediglich ausgeglichen. Er gilt als wetteranfällig, sobald die Temperaturen in den Keller sinken. Und für Sonntag ist Frost vorhergesagt.

Manning selbst lässt die Debatten an sich abprallen. Unterstützung bekommt er unter anderem von Golf-Star Tiger Woods. Der ließ wissen, dass er den Broncos die Daumen drücke – vor allem wegen seines Kumpels Peyton. „Seien wir doch mal ehrlich: Er wurde stark hinterfragt, als er die Colts verlassen hat. Es ist cool zu sehen, dass er mit seiner harten Arbeit alle zum Schweigen gebracht hat.“

Vorhang auf also für den Super Bowl. Das größte Sportereignis der Welt, das eigentlich gar kein Sportereignis ist.