Der FC Bayern München steht schon seit längerem im Verdacht, immer wieder tragende Säulen aus den Mannschaften von Konkurrenten zu brechen. Uli Hoeneß erklärt jedoch, dies sei nicht (mehr) die Strategie beim Rekordmeister. Nun kommt im Sommer Robert Lewandowksi von Borussia Dortmund an die Isar.

München. Methode sei das nicht mehr beim FC Bayern, versichert Uli Hoeneß. So sehr es auch danach aussehen mag. „Ehrlich, es ist überhaupt nicht unser Interesse, die anderen zu schwächen“, sagte der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters im Februar 2012, zwei Monate vor der Verpflichtung von Mario Götze, der Sport Bild: „Das haben wir früher mal gemacht, aber das kann nur ein Nebenaspekt sein.“

Dennoch: Schwingt ein Gegner sich auf, ein ernsthafter Konkurrent zu werden, haben die Offiziellen von Bayern München seit jeher auf ihr legendäres Festgeldkonto zurückgegriffen. Sich selbst stärken und den Gegner schwächen – einen besseren Transfer kann es ja nicht geben. So war es zuletzt bei Mario Götze, so ist es nun bei Robert Lewandowski. Borussia Dortmund, der deutsche Meister von 2011 und 2012, reizte die Bayern bis aufs Blut, stand sogar im Champions-League-Finale. Nun muss der BVB doppelt bluten.

Auch wenn Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Gespräch mit der FAZ am Sonntag beteuert, das sei alles „ganz normal“, wird er sich insgeheim auf die Lippe beißen. Nach dem Transfer Götzes hatte er noch erklärt, er glaube, „dass Bayern seit vielen Jahren das gleiche Erfolgsschema verfolgt. Dazu gehört seit jeher auch, den Konkurrenten zu schwächen.“ Angriffe aus München seien einkalkuliert, „allen Solidaritätsaussagen zum Trotz“.

Dass hinter der Transferpolitik Kalkül steckt, bestätigt auch Ottmar Hitzfeld. „Es ist die Strategie von Bayern München, dass man nicht nur sich stärkt, sondern auch die direkte Konkurrenz schwächt“, sagte der Ex-Trainer beider Vereine: „Und Dortmund ist der große Konkurrent. Von daher ist das klar Strategie.“

Als Urvater derartiger Bayern-Transfers gilt der von Calle Del'Haye, den die Bayern 1980 von Borussia Mönchengladbach holten – für die damalige Rekordsumme von 1,3 Millionen Mark, und das, obwohl er überhaupt nicht ins System passte. Manchmal kauften die Münchner einen Spieler auch deshalb, damit die Konkurrenz ihn nicht bekommt. So beim Aachener Jan Schlaudraff, an dem 2007 auch Werder Bremen interessiert war. Man müsse eben mal zeigen, dass niemand den Bayern das Wasser reichen könne, sagte Hoeneß damals. Er luchste den Bremern auch Miroslav Klose ab.

Dem Werder-Angriff in den 90er Jahren hatten sie mit den Abwerbungen von Mario Basler, Andreas Herzog oder sogar Trainer Otto Rehhagel ins Leere laufen lassen. „König Otto“ scheiterte in München, doch Werder erholte sich von seinem Abgang über Jahre nicht.

Den aufmüpfigen Karlsruhern „raubten“ die Bayern in Michael Sternkopf, Mehmet Scholl, Oliver Kahn, Thorsten Fink und Oliver Kreuzer. DFB-Pokal-Sieger VfB Stuttgart musste 1997 Giovane Elber ziehen lassen, 2009 dann Mario Gomez.

Bayer Leverkusen zauberte 2002 einen Sommer, dann warben die Münchner dem Werksklub Michael Ballack und Zé Roberto ab. Bayer stieg im Jahr darauf fast ab und musste aus finanziellen Gründen auch noch Lucio an die Isar transferieren. Schon 1992 hatten sich die Bayern Jorginho geschnappt.

Gescheitert sind die Bayern – auf den ersten Blick – mit dieser Taktik nur einmal, ausgerechnet beim BVB: Mitte der 90er warben sie um Stefan Reuter, Matthias Sammer oder Steffen Freund. Sie alle blieben bei den Westfalen – und doch hatten die Bayern bei genauerem Hinsehen Erfolg. Denn das Trio pokerte beim BVB sein Gehalt hoch. Der zahlte, um weiter mithalten zu können, und stand kurz darauf vor dem finanziellen Kollaps.