Das Bobteam aus Jamaika gilt als die Mutter der Exoten im Eiskanal. Bei den Olympischen Spielen in Sotschi wollen die Athleten erneut bunter Farbtupfer sein – mit reichlich Hilfe aus Deutschland.

Berlin. Vier sonnenverwöhnte Athleten aus der Karibik kämpfen ausgerechnet in der eiskalten Bobbahn um ihren Traum von Olympia. Die Exoten werden erst belächelt, dann gemobbt und am Ende gefeiert. Dank des kultigen Disney-Films „Cool Runnings“ kennt fast jeder die zum Teil wahre Geschichte des Bobteams aus Jamaika, das es bis zu den Winterspielen 1988 in Calgary schafft.

Theoretisch könnte es 20 Jahre nach der Uraufführung der Hollywood-Komödie eine Fortsetzung geben, denn ein jamaikanisches Bobteam schickt sich an, bei Olympia in Sotschi ein neues Kapitel der außergewöhnlichen Exoten-Geschichte zu schreiben. Und das mit reichlich Hilfe aus Deutschland.

Seit Februar ist David Vehreschild, ein Filmemacher aus Düsseldorf, Manager der jamaikanischen Bob-Nationalmannschaft. Oder wie er selbst sagt „ein Mädchen für alles“. Der 41-Jährige verrät, dass der berühmte Film für das heutige Team keine Belastung, sondern eher ein Türöffner sei. „Jamaika und Bob – das hören die Menschen gern. Egal, mit wem man redet, man hat erst mal einen totalen Sympathie-Bonus“, sagt Vehreschild.

Auch und vor allem in Deutschland. Als Bob-Bundestrainer Christoph Langen vom neuen Jamaika-Projekt erfuhr, ließ er seine guten Kontakte spielen. Seitdem fahren die Kufenflitzer aus der Karibik mit einem konkurrenzfähigen Schlitten, den eine deutsche Firma kostenfrei zur Verfügung stellt. „Vorher mussten wir uns immer einen Bob leihen, der möglichst billig sein musste“, sagt Vehreschild. Ein deutsches Logistik-Unternehmen kümmert sich zudem um den Transport, auch die Helme sind Made in Germany.

Mit der professionellen Ausstattung soll nun die Qualifikation für Sotschi her. Dafür muss das Team im Zweier oder Vierer am 19. Januar, dem Stichtag des Weltverbandes FIBT, unter den Top-50 stehen. Bei den ersten Saisonrennen im American Cup zeigte sich, dass die muskelbepackten Anschieber, fast alles ehemalige Leichtathleten, sehr schnelle Startzeiten aufs Eis zaubern können.

Im Eiskanal soll es Pilot Winston Watts richten. Der Veteran, der die jamaikanischen Farben schon bei den Winterspielen 1994, 1998 und 2002 vertrat, wurde extra aus dem Bob-Ruhestand geholt. Der 46-Jährige weiß, wie sehr sich die Fans den karibischen Farbtupfer auch in Sotschi wünschen: „Du hörst überall: 'Hey, wo ist eigentlich das Bobteam aus Jamaika?' Wir wollen da rausgehen und der Welt zeigen, dass es uns noch gibt und dass wir es auch können.“

Die Sportler trainieren ihre Athletik zu Hause am Strand unter Palmen, im amerikanischen Park City dürfen sie im Eiskanal üben. Manchmal schlägt aber doch die karibische Mentalität durch. Kürzlich blieb bei der obligatorischen Teamkapitän-Sitzung vor einem wichtigen Rennen der Sitz der Jamaika-Mannschaft unbesetzt. Eine Disqualifikation drohte, Manager Vehreschild musste seinen Kapitän eiligst vom Zimmer holen. „Der schlurfte dann mit Badelatschen und einer Tüte Popcorn in die mondäne Sitzung“, sagt Vehreschild.

Aber es ist genau diese unkonventionelle Haltung, die die Jamaikaner in der Bob-Szene so beliebt machen. Im Film „Cool Runnings“ endet das Olympia-Abenteuer allerdings dramatisch. Im entscheidenden Lauf löst sich eine Schraube, der Schlitten stürzt. Die vier Athleten nehmen den Bob auf ihre Schultern und tragen ihn unter dem Applaus der Zuschauer und Konkurrenten ins Ziel. Noch heute sei der Film für ihn „eine große Inspiration“, sagt Pilot Watts. Für eine Fortsetzung in der Realität will er nun selbst sorgen.