Der Hamburger Profiboxer Alexander Alekseev bekommt am Sonnabend seine erste WM-Chance. In Bamberg will er dem Deutsch-Kubaner Hernandez vom Berliner Sauerland-Team dessen IBF-Titel entreißen.

Hamburg. Jeder Mensch hat Träume, sie sind individuell verschieden, und trotzdem ähneln sie sich. Profiboxer zum Beispiel träumen zu Beginn ihrer Karrieren alle davon, irgendwann Weltmeister zu sein. Für die meisten verblasst dieser Traum schnell, weil die Realität sie einholt. Aber die, die gut genug sind, wie ist es für sie, wenn aus einem Traum Wirklichkeit werden kann? Alexander Alekseev will sich mit dieser Frage nicht belasten.

Der russische Cruisergewichtsprofi vom Hamburger EC-Stall hat lange auf seine erste WM-Chance warten müssen. Nun, da sie an diesem Sonnabend (23.25 Uhr/ARD) auf ihn wartet, wenn er in Bamberg dem Deutsch-Kubaner Yoan Pablo Hernandez, 29, vom Berliner Sauerland-Team dessen IBF-Titel entreißen will, da ist für Träume in seinem Kopf kein Platz. „Ich beschäftige mich keine Minute mit Dingen, die nach dem Kampf passieren könnten. Für mich zählt nur Hernandez. Alles andere blende ich aus“, sagt er.

Alekseev, der seine Profikarriere im Januar 2006 beim mittlerweile insolventen Hamburger Universum-Stall begann, hat gelernt, Geduld zu haben. Viele Experten hatten dem technisch perfekt ausgebildeten Rechtsausleger den Sprung auf den WM-Thron schon viel früher zugetraut. Doch dann kam der 17. Januar 2009. Der 32-Jährige sollte sich in Düsseldorf gegen den Argentinier Victor Emilio Ramirez den Interims-WM-Titel des Weltverbands WBO sichern. Doch geschwächt von einer fiebrigen Grippe brach Alekseev ein, verlor durch Abbruch in Runde neun und musste, anstatt den WM-Titel anzuvisieren, mit der ersten Niederlage seiner Karriere klarkommen. Als er dann nach drei Aufbaukämpfen im Juli 2010 in Schwerin von seinem Landsmann Denis Lebedev in Runde zwei ausgeknockt wurde, da glaubten viele, dass das Supertalent gebrochen sei.

Alekseev verließ Universum, fand aber in EC-Chef Erol Ceylan einen Promoter, der weiter an ihn glaubte. Auch sein langjähriger Trainer Fritz Sdunek blieb im Team. Behutsam baute man den zweifachen Vater Stück für Stück auf. Als er sich im Februar 2012 in Frankfurt am Main gegen Sauerland-Kämpfer Enad Licina den EM-Titel sicherte, war die Rückkehr geschafft. Seitdem gilt Alekseev als WM-Anwärter, doch weil sich Hernandez schwer an der Hand verletzte und 14 Monate nicht boxen konnte, musste er warten.

„Ich hätte gern öfter geboxt als zweimal innerhalb der letzten 18 Monate. Aber ich schaue nur nach vorn. Ich will diese WM-Chance unbedingt nutzen, denn ich weiß nicht, ob sie jemals wiederkommt“, sagt Alekseev. Hernandez, ebenfalls Rechtsausleger, gilt als genauso feiner Techniker wie der Russe. Alekseev weiß, dass er als Herausforderer den Kampf aktiv gestalten muss. Das kommt ihm, der Gegner lieber auskontert, nicht entgegen. „Aber wir haben unsere Taktik darauf ausgerichtet“, sagt Sdunek. „Ich habe auch gegen Licina auf einer Sauerland-Veranstaltung gewonnen“, sagt Alekseev. „Deshalb weiß ich, was ich tun muss, um die Punktrichter zu überzeugen.“

Der Jurastudent hatte als Wunschgegner immer Sauerlands Aushängeschild Marco Huck ins Auge gefasst. Der WBO-Weltmeister ist derzeit verletzt und muss nach seiner Genesung zur Pflichtverteidigung gegen Firat Arslan antreten. Dass ihn eine Titelvereinigung gegen Huck sehr reizen würde, will Alekseev weder verhehlen noch kommentieren. Er will nur Hernandez besiegen. Wenn das geschafft ist, dann ist auch wieder Zeit für Träume.