Ein Kommentar von Kai Schiller

Die Schreckensnachricht kam am Morgen nach dem Remis gegen Italien um 10.51 Uhr per SMS: Sami Khedira erleidet Kreuzbandriss. Auf der Homepage des DFB präzisierte Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, dass sich der Madrilene neben einem Riss des vorderen Kreuzbands sogar noch einen Innenbandriss im rechten Knie bei einem unglücklichen Zweikampf am Vorabend mit Andrea Pirlo zugezogen hätte. Der bereits befürchtete Super-Gau war somit eingetroffen, auch wenn sich Bundestrainer Joachim Löw noch optimistisch zitieren ließ, dass sein Mittelfeld-Leader „rechtzeitig bis zum Anpfiff der WM in Brasilien wieder fit wird“. Zweckoptimismus.

Tatsächlich hat Löw nach den langwierigen Verletzungen von Khedira, Bastian Schweinsteiger (Fuß-OP) und Ilkay Gündogan (andauernde Rückenprobleme) sieben Monate vor der WM ein zentrales Problem auf genau der Position, die in der Theorie mit Abstand am Besten besetzt ist. Doch nach den Ausfällen der drei defensiven Mittelfeldspieler mit Weltklasse-Format bleibt dem Bundestrainer in der Praxis gar nichts anderes mehr übrig, als die von ihm schon gegen Italien ausprobierte Guardiola-Variante mit Philipp Lahm als Sechser auch weiterhin zu forcieren. Toni Kroos dürfte im Hinblick auf die WM in Brasilien als der etwas offensivere Part der sogenannten Doppel-Sechs gesetzt sein – doch den defensiveren Gegenpart auf Weltklasse-Niveau kann derzeit nur noch Lahm ausfüllen. Die Bender-Zwillinge Sven und Lars sind gute Einspiele-Varianten, aber keine Optionen für ein ganzes Turnier.

Mit Lahm und Kroos im zentralen Mittelfeld hinter Spielmacher Mesut Özil hätte das DFB-Team immer noch eine Doppel-Sechs mit weltmeisterlichem Format, die aber zwangsläufig ein neues Problem bescheren würde: Lahms angestammte Position als Rechtsverteidiger wäre verwaist. Die Optionen hier heißen Benedikt Höwedes – und Heiko Westermann. Das sind - zweckoptimistisch formuliert – suboptimale Aussichten...