Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Pläne für Olympische Winterspiele 2022 in München ab – und in Hamburg macht man sich schon wieder Hoffnungen. Folgt ein Happy End?

Hamburg/München. Am Ende war es eine schallende Ohrfeige für die Münchner Olympiabewerber. Das mit viel Pomp und Prominenz promotete Projekt „Winterspiele 2022“ in den bayerischen Alpen hat in der Bevölkerung keine Mehrheit gefunden. Bei allen vier Bürgerentscheiden in München, Garmisch-Partenkirchen sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden setzten sich die Gegner teilweise mit überraschend großem Vorsprung durch. Dabei hätte schon ein einziges ablehnendes Votum die Olympiapläne gestoppt.

In München sagten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 52,1 Prozent der Wähler Nein. Im Landkreis Traunstein (mit Ruhpolding) waren es 59,67 Prozent, im Berchtesgadener Land 54,02 Prozent und in Garmisch-Partenkirchen 51,56 Prozent.

Der Garmischer Bürgermeister Thomas Schmid zeichnete ein düsteres Bild: „Ich glaube, dass dies unsere letzte Chance war, Winterspiele zu bekommen.“ Münchens Oberbürgermeister Christian Ude konstatierte eine „zunehmend kritische Einstellung von Bevölkerungsteilen gegen Sportgroßereignisse“. Am Konzept habe es nicht gelegen. In der Tat hatten die Olympiabewerber nach ihrer ersten bei der Abstimmung des Internationalen Olympischen Komitees gescheiterten Bewerbung für 2018 ihr Konzept noch einmal nachgebessert – in der Hoffnung, die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu haben.

„Eine große Niederlage für den Sport in Deutschland“

Auch Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, sprach von einer „generellen Skepsis“, die es sogar vor der allseits gefeierten Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gegeben habe. In jedem Fall sei die Meinung der Bürger bindend: „Es gibt keine Hintertürchen“, so Vesper. Die Entscheidung sei bindend. Ski-Weltmeisterin Maria Höfl-Riesch, die sich mit Verve für München eingesetzt hatte und als Botschafterin für eine Bewerbung im Gespräch war, fand diesen Tag „einfach nur traurig“. Ihr Urteil: „Eine große Niederlage für den Sport in Deutschland.“

Die Olympia-Gegner aber wollen von einer grundsätzlichen Abwehrhaltung gegen Sportveranstaltungen nichts wissen. Sie und die Mehrheit zumindest in Bayern wollen nicht Spiele um jeden Preis. „Das Votum ist kein Zeichen gegen den Sport, aber gegen die Profitgier des IOC“, sagte Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im bayerischen Landtag und Wortführer des Bündnisses „NOlympia“. Er behauptete: „Ich glaube, in ganz Deutschland sind Olympia-Bewerbungen mit dem heutigen Tag vom Tisch.“

„Die Hamburger Wirtschaft wäre wieder dabei“

Das sieht man in Hamburg anders. Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg, nahm bereits wenige Stunden nach dem ersten negativen Ergebnis aus Garmisch Stellung. „Olympische Winterspiele wären eine tolle Chance für unser Land gewesen. Schade, dass es nicht gelungen ist, den für ein solches Großprojekt unverzichtbaren Rückhalt von der Bevölkerung zu erhalten. Doch das heißt nicht, dass Deutschland gegen Olympische Spiele ist!“ Melsheimer appellierte an den DOSB, „sich nun ernsthaft mit einer Bewerbung um Olympische Sommerspiele auseinanderzusetzen, die 2024 oder 2028 denkbar wären“. Für Hamburg bedeute das: „Hamburg hat schon einmal gezeigt, dass es dafür Feuer und Flamme ist. Die Hamburger Wirtschaft wäre wieder dabei.“

Auch Volker Okun, Vorsitzender der Hamburger CDU und Präsidiumsmitglied des Hamburger Fußballverbandes, mochte sich nicht zurückhalten. „Für Hamburg ergibt sich jetzt eine einmalige Chance, sich erneut um die olympischen Sommerspiele zu bewerben. Das Konzept der kurzen Wege war schon damals sehr gut. Heute ist das Zeitfenster für solide und familiäre Spiele offener als noch vor zehn Jahren. Wir benötigen eine solide Planung, aber dann auch eine Entschlossenheit, den zweiten Anlauf zu wagen.“

„Dann brauchen wir ein vernünftiges Konzept“

Allein Günter Ploß, Präsident des Hamburger Sportbundes, mahnte: „Ich warne davor, vorschnellen Entscheidungen zu treffen. Wir haben zwei Jahre Zeit.“ Zunächst müsse das IOC klären, ob Mammutveranstaltungen wie Olympische Spiele noch sinnvoll, zweckmäßig und von der Bevölkerung gewollt seien. Thomas Bach habe ja angekündigt, den olympischen Gigantismus zu hinterfragen.

Und wenn Hamburg unbedingt will, wirklich Feuer und Flamme ist? „Dann brauchen wir ein vernünftiges Konzept“, sagt Ploß. Die Finanzen müssen transparent sein, die Bevölkerung einbezogen werden. „Es wäre nicht nur eine Hamburger Bewerbung, sondern eine der gesamten Region.“ Vor zehn Jahren standen 90 Prozent der Hamburger hinter der Bewerbung. Aber: „Wer weiß heute schon, welche Situation wir in zwei Jahren haben?“