Nach 37 Jahren treffen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig in der Bundesliga wieder aufeinander. Entgleisungen gab es schon vor dem Duell auf beiden Seiten.

Hannover. Vor dem Spiel der Spiele ist in Niedersachsen nichts normal. Persönliche Beleidigungen, öffentliche Schmähungen und Schmierereien im „Feindesland“ überschreiten ohnehin die Grenzen des guten Geschmacks – und dann wurde im wahrsten Sinne des Wortes auch noch eine Sau durchs Dorf getrieben. Beim Duell zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig am Freitagabend (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) geht es eben um viel mehr als nur drei Punkte.

„Wenn man es positiv sehen will, ist es Derby-Folklore, wenn man es negativ sieht, ist es völliger Blödsinn und einfach nur geschmacklos“, sagte 96-Sportdirektor Dirk Dufner. Solche Aktionen seien „völlig unnötig“, pflichtete Trainer Mirko Slomka bei.

Auch im Braunschweiger Lager wurden die Köpfe geschüttelt. „Das gehört in die Kategorie, die nicht erwünscht ist und die wir aufs Schärfste ablehnen“, sagte Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt: „Wichtig ist, dass das Ganze friedlich bleibt und die Leute nicht den Eindruck haben, dass wir uns im Mittelalter befinden. Es geht im Wesentlichen um Fußball.“

Einige Fans sehen das offensichtlich anders. Tiefpunkt der Feindseligkeiten: In der Nacht zu Donnerstag fing die Polizei ein herrenloses Hausschwein mit Hannover-Schal in der niedersächsischen Landeshauptstadt ein. Auf dem armen Tier prangte der Schriftzug „96“ in schwarzer Farbe, zudem trug es die „Trikotnummer“ 1.

Hinweise auf die Täter gibt es bislang nicht. Unklar ist auch, wer an Braunschweiger Ortsschildern gelb-blaue Totenkreuze mit der Aufschrift „BTSV“ aufgestellt hat. Die Polizei, die Vereinsführungen und auch die Teams hoffen, dass dies die letzten Entgleisungen rund ums Derby waren. Sicher sind sie sich nicht.

„Beide Mannschaften wollen in der Region die Nummer eins sein und die sportliche Rivalität auf dem Rasen voll ausleben“, sagte Dufner: „Ich hoffe aber inständig, dass es friedlich bleibt.“ Für seine Mannschaft geht es neben Prestige darum, die Negativserie von zuletzt nur einem Punkt aus fünf Bundesliga-Spielen zu beenden. „Wir brauchen diesen Sieg unbedingt“, sagte Slomka: „Diese Woche hat schon deutlich gemacht, wie wichtig das Derby für unsere Anhänger ist. In diesem Fall ist es besonders, weil es nach nach so vielen Jahren für die meisten völlig neu ist.“

Braunschweig geht dagegen mit dem Hochgefühl des 1:0 gegen Bayer Leverkusen in das wichtigste Spiel des Jahres – und mit der Kraft des 2:0-Erfolgs in der ersten Partie der „Niedersachsen-Meisterschaft“ in Wolfsburg. „Wichtig ist vor allem, dass meine Spieler einen kühlen Kopf bewahren“, sagte Eintracht-Trainer Torsten Lieberknecht, der das letzte Aufeinandertreffen im DFB-Pokal im Oktober 2003 damals noch als Löwen-Spieler 2:0 gewann.

Die Rivalität zwischen den beiden größten Städten in Niedersachsen führen Historiker auf das 17. Jahrhundert zurück, als die „Löwen-Stadt“ an Einfluss verlor und Hannovers Herrscher zu Kurfürsten wurden. Die Brisanz potenzierte sich, als Braunschweig 1963 Gründungsmitglied der Bundesliga wurde und Hannover außen vor blieb. „Die meisten wissen weder das eine noch das andere“, sagte Fanforscher Gunter A. Pilz: „Es ist ganz einfach ein Lokalderby. Das Problem ist, dass einige wenige über das Ziel hinausschießen.“

Dass die beiden Clubs seit 1976 nicht mehr in der ersten Liga aufeinandergetroffen sind, hat die Animositäten keineswegs einschlafen lassen, sondern eher noch befeuert. „Ich glaube, das Derby kann auch eine machtvolle Demonstration für ein faires Miteinander werden“, hofft Braunschweigs Präsident Sebastian Ebel. Die Verantwortlichen werben seit Wochen für eine rein sportliche Auseinandersetzung, Braunschweig schaltete für den Freitag eine ganzseitige Anzeige in der lokalen Presse.