Der neue Trainer des Clubs erinnert an Rolling Stone Keith Richards. Bei seiner Vorstellung verzichtete er aber auf laute Töne.

Nürnberg. Er erinnert mit seiner wilden Frisur und den herben Gesichtszügen an Keith Richards von den Rolling Stones oder an Rod Stewart – nun soll Gertjan Verbeek den kriselnden 1. FC Nürnberg „rocken“. Solche Vergleiche seien für ihn „ein Kompliment“, sagte der 51 Jahre alte Niederländer bei seiner Vorstellung am Dienstag mit einem Lächeln, und stellte gleich klar: „Aber singen kann ich nicht.“

Muss er auch nicht, für ihn zählt beim in dieser Saison noch sieglosen Club nur eins: „Das Ziel ist es, von der untersten Region wegzubleiben. Wir wollen attraktiv Fußball spielen und ein eigenes Gesicht haben“, sagte Verbeek in gutem Deutsch und ergänzte: „Ich hatte vor zehn Tagen den ersten Kontakt und habe mich verliebt in den Club. Das ist ein Traditionsverein, mit jungen, talentvollen, aber auch erfahrenen Spielern. Das spricht mich an.“

Auch wenn er aussieht wie ein Rockstar – auf laute Töne verzichtete der Nachfolger des vor zwei Wochen entlassenen Michael Wiesinger bei seinem ersten Auftritt in Nürnberg. Am Freitag (20.30 Uhr/Sky) wird Verbeek, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2015 unterschrieb, den neunmaligen deutschen Meister im Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart erstmals betreuen. Bis dahin sei es das Wichtigste, dass er „das Team kennenlerne“.

Die Erwartungen an den neuen starken Mann bei den Franken sind nach einer langwierigen Trainersuche groß. „Er ist heiß auf diese Aufgabe und bringt richtig Herz und Feuer mit. Das war von der ersten Minute an zu spüren. Er hat Erfahrung und viel mit jungen Spielern gearbeitet“, sagte Sportvorstand Martin Bader. Er habe bei den Gesprächen „zügig das Gefühl gehabt, dass das sehr gut passen kann“.

Verbeek gilt in den Niederlanden als sperriger Typ, als autoritärer Trainer, als Mischung aus Louis van Gaal und Huub Stevens. Dies sei eine individuelle Meinung, „ich bin Gertjan Verbeek. Sie bekommen Zeit genug, mich kennenzulernen“, meinte er dazu mit einem Grinsen.

Der Club ist seine erste Station im Ausland. Zuletzt hatte er drei Jahre in der niederländischen Ehrendivision den AZ Alkmaar trainiert, war 2013 Pokalsieger geworden und hatte den Verein drei Mal in die Qualifikation zur Europa League geführt. Am 29. September wurde er entlassen. Angeblich soll die Chemie mit dem Team nicht mehr gestimmt haben, „das habe ich aber nicht verstanden“, sagte er.

Zudem war Verbeek Coach bei Heracles Almelo (2001 bis 2004 und 2009/2010), dem SC Heerenveen (2001 bis 2004) und Feyenoord Rotterdam (2008/2009). Auch als Profi war er in Heerenveen und Almelo aktiv.

Wunschkandidat war Verbeek aber offenbar nicht. Als Favorit galt zunächst der Schweizer Christian Gross, der jedoch absagte. Auch mit dem österreichischen Nationaltrainer Marcel Koller konnte keine Einigung erzielt werden. Für Bader gab es aber angeblich nie „einen A-, B- oder C-Kandidaten. Wir haben immer parallel und ergebnisoffen verhandelt. Bei Gertjan war die Schnittmenge am größten.“

Zuletzt hatte U23-Coach Roger Prinzen den FCN, der laut Verbeek in den Niederlanden „ein ganz großer Klub“ ist, interimsmäßig betreut und immerhin ein 1:1 bei Eintracht Frankfurt erreicht. „Die Mannschaft hat das gezeigt, was wir den Kandidaten in den Gesprächen vermittelt haben: Es sind alles keine Lumpen und Ganoven, sondern Fußballer des 1. FC Nürnberg“, sagte Bader.

Der Druck auf Verbeek ist hoch, aber auch Bader selbst nahm sich in die Pflicht: „Wenn der nächste Trainer nicht funktioniert, dann bekomme ich in die Fresse.“ Aber der 45-Jährige ist überzeugt, dass es funktioniert. Zumal der Kader „genügend bislang leider nicht voll abgerufenes Potenzial“ habe.

Die 2. Liga dürfe „deshalb kein Thema für uns sein – wir sind unverändert auf den Verbleib in der Bundesliga fokussiert“, unterstrich Bader. Verbeek werde „daran arbeiten, schnell Konstanz in die Leistungen zu bringen und die nötige Ruhe an den Tag legen, um mit einem erfolgreichen Auftreten die Situation zu meistern“.

Der FCN steht derzeit mit nur sechs Punkten aus neun Spielen im Tabellenkeller. Zudem war der Club in der ersten DFB-Pokal-Runde überraschend am Zweitligisten Sandhausen gescheitert – eine Bilanz, die schließlich zum Rauswurf von Wiesinger (40) nach nur 287 Tagen führte.

Das ist Gertjaan Verbeek:

Geburtsdatum: 1. August 1962

Geburtsort: Deventer (Niederlande)

Stationen als Spieler: SC Heerenveen (1984 bis 1986 und 1987 bis 1994), Heracles Almelo (1986/1987)

Stationen als Trainer: Heracles Almelo (2001 bis 2004 und 2009/2010), SC Heerenveen (2001 bis 2004), Feyenoord Rotterdam (2008/2009), AZ Alkmaar (2010 bis 29. September 2013)

Erfolge als Trainer: Niederländischer Pokalsieger 2013 mit dem AZ Alkmaar