Der Co-Trainer von Bundestrainer Joachim Löw bekundet Interesse am frei gewordenen Sportdirektor-Posten. Hansi Flick räumt allerdings ein, dass es noch viel zu klären gibt.

Mainz. Der Assistent wechselwillig, der Manager wankelmütig und der Bundestrainer im Schwebezustand: 304 Tage vor dem Start der WM-Endrunde in Brasilien stehen rund um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft drei dicke Fragezeichen, die Verbandsboss Wolfgang Niersbach möglichst noch bis zum Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Oktober (24./25) geklärt haben will.

Bundestrainer-Assistent Flick bekundete am Montag erstmals öffentlich sein grundsätzliches Interesse am Wechsel auf den Posten des Sportdirektors. „Die Anfrage freut mich sehr, das ist eine sehr interessante Aufgabe“, sagte er: „Ich alleine entscheide, ob ich diese Funktion annehme, aber dafür müssen die Gespräche erst einmal konkret sein. Da ist noch viel abzuklären.“ Der Ball liege nun beim DFB. Für Flick zähle zunächst einmal die WM-Qualifikation.

So sieht es auch der DFB, doch sofort danach sollen die Gespräche, auch mit Bundestrainer Joachim Löw, intensiviert werden. „Vielleicht qualifizieren wir uns schon im September. Dann überlegen wir: Machen wir es wie 2008? Oder machen wir es wie 2010?“, sagte Niersbach vor dem Start der DFB-Auswahl in die WM-Saison mit dem Länderspiel am Mittwoch in Kaiserslautern (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) gegen Paraguay. 2008 hatte der DFB mit Löw vor der EM verlängert, 2010 erst nach dem Turnier in Südafrika. An der generellen Absicht einer weiteren Zusammenarbeit lässt Niersbach keinen Zweifel. „Ich habe eine große Sympathie, den Weg mit Jogi weiter zu gehen“, sagte er.

Löw, dessen Vertrag im Anschluss an die WM 2014 endet, spielt die Bedeutung der Vertragsverhandlungen herunter. Selbst wenn im Herbst noch keine Klarheit über seine Zukunft herrschen sollten, sei dies kein Beinbruch: „Das wäre für mich kein Störfeuer. Ich kann mit der Situation umgehen. Das hat in Südafrika auch keine Rolle gespielt, die Mannschaft hat das in keiner Form belastet.“

„Da bedarf es sicher einiger Gespräche“

Bierhoff (45), der diesen Sommer laut über einen Abschied vom Verband nachgedacht hat, ist nicht ganz so entspannt: „Wir brauchen keine Garantie. Wir wissen aber, dass eine ungeklärte Vertragssituation zur Unruhe führen kann.“ Der Europameister hatte sich in einem Welt-Interview selbst hinterfragt und damit die Spekulationen angeheizt: „Brauche ich einen neuen Anreiz und muss mal wieder raus aus der Komfortzone des Gewohnten?“

Bevor Verhandlungen stattfinden, müsse ohnehin zunächst einmal das Ticket für Brasilien gelöst werden: „Lasst uns erst einmal die Qualifikation schaffen, dann werden wir uns in unserer Runde zusammensetzen und dann mit dem DFB“, so Löw, dessen Vertragssituation nicht die einzige Baustelle rund um die Nationalmannschaft ist.

„Da bedarf es sicher einiger Gespräche“, sagte Löw deshalb vor dem Treffpunkt der DFB-Auswahl am Montagnachmittag in Mainz hinsichtlich der Spekulationen um Flick und Bierhoff.

Sandrock rechnet mit Verbleib des Dream Teams

Helmut Sandrock befürchtet (noch) nicht, dass das Dream Team gesprengt wird. „Oliver hat laut darüber nachgedacht, dass auch einmal der Zeitpunkt kommen kann, etwas anderes zu machen. Im Moment hat er sich uns gegenüber dahingehend aber nicht geäußert“, sagte der DFB-Generalsekretär: „Im Gegenteil, er sieht voll motiviert der WM entgegen. Ich gehe davon aus, dass wir mit dem gesamten Stab verhandeln.“

Dazu zählt auch Flick (48), der nach sieben Jahren an der Seite von Löw damit liebäugelt, den zurzeit verwaisten Posten des Sportdirektors zu übernehmen – vielleicht sogar noch vor der WM. „Ich bin auch der Meinung, dass er das machen könnte und diese Aufgabe erfüllen würde. Ich würde ihn gerne in meinem Team behalten, aber einem Mitarbeiter, der mich in den letzten Jahren so unterstützt hat, auch keine Steine in den Weg legen“, sagte Löw, der eine Doppelfunktion bis zur WM allerdings kategorisch ausschließt: „Beide Ämter erfordern 100 Prozent Einstellung, Einsatz, Begeisterung und Intensität. Man kann diese Aufgaben nicht einfach so nebenbei bewältigen.“

Im Gegensatz zu seinen engsten Mitarbeitern denkt Löw derzeit offenbar nicht an eine berufliche Veränderung. Zwar könne er sich „irgendwann“ noch einmal etwas anderes vorstellen, „aber im Moment macht mir die Arbeit so viel Spaß, dass ich keinen Gedanken daran verschwende.“ Sollte Löw allerdings in Brasilien erneut den Titel verpassen, wird er von sich aus den Weg für einen Neubeginn frei machen. Sollte er Weltmeister werden, könnte der Karrierehöhepunkt ebenfalls das Ende seiner Bundestrainer-Ära bedeuten.