Der Favoritensieg von Christopher Froome bei der 100. Tour de France war keine Überraschung – die Leistung der deutschen Radprofis schon. In Paris gewann erneut Marcel Kittel.

Paris. Im Schatten des grell erleuchteten Arc de Triomphe ist Christopher Froome in Paris zum Tour-Regenten gekrönt worden – und der deutsche Youngster Marcel Kittel sorgte ein weiteres Mal für Furore. Froome, der „Sonnenkönig“ aus Großbritannien, wie die „L'Équipe“ am Sonntag titelte, hatte der Konkurrenz in 23 Tagen über 3404 Kilometer nur Statistenrollen zugestanden. Die große Entdeckung der 100. Tour de France, der 23-jährige Nairo Quintana aus Kolumbien, und der Spanier Joacquin Rodriguez folgten in gebührendem Abstand.

Aber auch die deutschen Radprofis zählten bei der – bis jetzt – dopingfreien Dauerparty in Frankreich zu den strahlenden Siegern: Insbesondere Kittel, der auf den Champs Elysees zu seinem vierten Etappensieg sprintete und den britischen Ex-Weltmeister erneut in den Schatten stellte. Damit gewann Kittel, der zum Auftakt Gelb trug, die erste und letzte Etappe bei der Tour. In Paris gab es durch André Greipel gar einen Doppelsieg. Greipel hatte zuvor in Montpellier genauso wie der wie im Vorjahr früh gestürzte Weltmeister Tony Martin beim ersten Zeitfahren in Mont Saint-Michel für weitere deutsche Siege gesorgt, womit das Jubiläum fast zur Tour d'Allemagne wurde.

Beim prunkvollen Finale auf den Champs Elysées, zum ersten Mal eine Abendveranstaltung unter Flutlicht, hatte Kittel am Ende der letzten 133,5 Tour-Kilometern das größere Stehvermögen gegenüber Greipel und Cavendish. Am Sprinttrikot fuhr Cavendish wie im Vorjahr auch vorbei. Das begehrte Kleidungsstück in Grün sicherte sich wie 2012 der Slowake Peter Sagan. Das gepunktete Trikot für den besten Bergfahrer und das Weiße für den besten Nachwuchsmann ging an Quintana, der auf 2800 Meter Meereshöhe aufwuchs und deshalb gewisse Ausdauer-Vorteile gegenüber der Konkurrenz hatte.

Froomes Triumphfahrt begann auf der ersten Pyrenäen-Etappe in Ax-3-Domaines, auf der er sich das Maillot Jaune sicherte und bis Paris nicht mehr hergab. Den nächsten Schlag mussten seine Herausforderer – unter ihnen auch der auf Rang vier gelandete Alberto Contador, der in diesem Jahr nach seiner Dopingsperre zurückkehren durfte – auf dem Mont Ventoux verkraften. Die nächsten Sekunden- und Minuten-Portionen bekamen sie bei beiden Zeitfahren serviert. Der angriffslustige Contador musste dazu auf der Königsetappe nach L'Alpe d'Huez und noch einmal am Samstag beim Aufstieg nach Semnoz „bluten“, wo Quintana seinen ersten Etappensieg einfuhr.

Froome hatte fast beiläufig drei Etappensiege einkassiert und souverän die Nachfolge seines aus Verletzungsgründen fehlenden Sky-Teamkollegen Bradley Wiggins angetreten. Viel spricht dafür, dass der in Kenia geborene Brite, kaum 67 Kilo schwer, die Tour auf eine Einbahnstraße führt, in der der 28-Jährige die Richtung bestimmt. Mit einem bösen Erwachen nach der Frankreich-Rundfahrt, wie so mancher Sieger vor ihm, rechnet Froome nicht. „Ich bin sicher, dass meine Resultate auch in zehn oder 20 Jahren noch Bestand haben werden“, erwiderte der fast zerbrechlich wirkende Profi auf ständig wiederkehrende Fragen zum Dauerthema Doping und möglichen Nachkontrollen. „Meine Leistung ist sauber.“

Die imposante Siegesserie der deutschen Profis – am Samstag hatte sich der älteste Tourteilnehmer Jens Voigt (41) als eindrucksvoller, aber letztlich erfolgloser Kämpfer in Szene gesetzt – konnten die deutschen Fans live im TV nur beim Privatsender Eurosport verfolgen. ARD und ZDF haben seit 2011 abgeschaltet und berichten nur nachrichtlich mit kurzen Beiträgen oder süffisant unter Hinweis auf das grundsätzliche Glaubwürdigkeitsproblem des Radsports. Ähnliche Bedenken bei anderen Sportarten haben ARD und ZDF offensichtlich nicht.

Verbandspräsident Rudolf Scharping sei überzeugt, das die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihre Haltung „überdenken“ werden. „Die 100. Tour de France hat gezeigt, dass sich im Radsport etwas verändert hat, und das sollten auch die Medien registrieren.“