Der DFB plant Rote Karten auf Bewährung zu verteilen. Sanktionen sollen ab Oktober mehr präventiv denn repressiv eingesetzt werden. Jürgen Klopp hält dies nicht für eine sinnvolle Lösung.

Frankfurt/Main. Kaum ein neuer Pfiff auf dem Rasen, dafür Gnade vor Gericht: Während sich für die deutschen Top-Schiedsrichter in der kommenden Bundesliga-Saison nur Kleinigkeiten ändern, plant der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die (R)Evolution der Sportgerichtsbarkeit. Statt gleich drakonische (Kollektiv-)Sanktionen auszusprechen, will der DFB in Zukunft die Chance auf Bewährung einräumen.

„Mit Beginn der neuen Legislaturperiode werden wir unsere Sanktionen mehr präventiv denn repressiv ausgestalten“, sagte Hans E. Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, der Welt am Sonntag - also ab Oktober 2013, wenn der DFB-Bundestag in Nürnberg stattfindet. Gelten soll die neue Nachsicht in der Sportgerichtsbarkeit sowohl für Einzeltäter als auch für das Fehlverhalten einzelner Chaoten in den Fanblöcken. Erfolgreich getestet wurde diese Rechtsprechung bereits in der vergangenen Rückrunde, als die Fans von Eintracht Frankfurt nach dem Pyro-Eklat von Leverkusen im Januar eben nicht mit dem wohl eigentlich fälligen Zuschauerausschluss bestraft, sondern „nur“ mit Argusaugen beobachtet wurden.

„Diese Möglichkeit hatten wir bislang nicht. Und die hätte in dem einen oder anderen Fall unseren Entscheidungsspielraum sinnvoll erweitert“, sagte Lorenz: „Wenn ich ein Stadion schließe, kann ich das dann erst mal auf Bewährung machen. Der erzieherische Wert, auch auf die Fans, ist ein viel größerer, als wenn ich das sofort durchziehe.“ Bei Rotsündern würde die neue Regelung „bei kurzen Sperren nicht greifen“, meinte Lorenz: „Aber möglicherweise in Fällen wie bei Paolo Guerrero, der wegen eines Fouls mal sieben Spiele gesperrt wurde. Da könnten dann drei davon zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Diskussion wird aktuell geführt.“

Rote Karten wird es in der kommenden Saison in jedem Fall auch für foulende Torhüter geben. „Es gibt keine Unterscheidung, ob eine klare Torchance durch einen Feldspieler oder einen Torwart verhindert wird“, teilte die DFB-Schiedsrichter-Kommission mit: „Es ist in jedem Falle ein Feldverweis auszusprechen.“ Darüber hinaus wurde das Regelwerk nur minimal angepasst. Über das modifizierte Abseits (Abwehraktionen des Gegner führen zum Abseitspfiff) und die Bewertung von Handspielen wird auch in Zukunft an jedem Stammtisch rege diskutiert werden. Neu ist hingegen das „Coaching“ der Elite: Jeder Schiedsrichter soll künftig durch einen ehemaligen Unparteiischen betreut werden. In drei bis vier Jahren soll jeder Referee einen eigenen Coach haben, um die eigenen Auftritte aufzuarbeiten und ein professionelles Feedback zu erhalten.

Verzichten müssen die Regelhüter weiterhin auf technische Hilfsmittel. Frühestens in der Saison 2015/16 wird auch in der Bundesliga eine Torlinientechnologie eingeführt. Sinn oder Unsinn der Technik bleiben jedoch fraglich: Mit großen Brimborium hatte sich der Weltverband Fifa mit dem Technik-Einsatz beim Confed Cup in Brasilien als Vorreiter gefeiert, gebraucht wurde das teure Equipement aber nicht.

„Moderat, anständig, angemessen - und vor allem notwendig“ hingegen sei, betonte Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel, die „Gehaltserhöhung“ für die Referees gewesen. Fifa-Schiedsrichter der Eliteklasse bekommen einen festen Betrag in Höhe von 60.000 Euro, bisher lag die Summe bei 40.000 Euro. Bis zur Saison 2016/17 soll die Summe, die unabhängig von der Anzahl der Einsätze gezahlt wird, schrittweise auf 75.000 Euro steigen. Fifa-Schiedsrichter und Bundesliga-Schiedsrichter mit mehr als fünf Jahren Erfahrung erhalten statt bisher 30.000 Euro nun 50.000 Euro.

Für alle anderen Bundesliga-Schiedsrichter ist ein fester Betrag von 40.000 Euro (bisher 20.000) vorgesehen, der sich bis zur Saison 2016/17 auf 55.000 Euro erhöht. Unverändert bleiben die Spielhonorare (3800 Euro/Bundesliga und 2000 Euro/2. Liga) und der Status der Schiedsrichter: Die Unparteiischen werden keine reinen Profi-Schiedsrichter. Es besteht auch weiterhin kein festes Arbeitsverhältnis zwischen den Referees und dem DFB.