Guardiola bekommt mit Thiago Alcantara seinen Wunschspieler vom FC Barcelona. Sinken durch den Transfer die Einsatzchancen der deutschen Nationalspieler ein Jahr vor der WM in Brasilien?

Hamburg. Pep Guardiola bekommt seinen Wunschspieler. Mit Thiago Alcantara ist seit gestern der nächste Superstar in München. Der FC Bayern lässt sich den 22-Jährigen bis zu 25 Millionen Euro kosten. Gut angelegtes Geld, wenn es nach Meinung des Trainers geht. Guardiola kennt Thiago bereits aus Barcas Talentschmiede La Masia und arbeitete mit ihm in der zweiten Mannschaft Barcelonas zusammen. Sein Debüt bei den Profis gab der Offensivspieler am 17. Mai 2009 - unter dem damaligen Coach Pep Guardiola.

Der Erfolgstrainer schätzt Thiagos Qualitäten und Bayerns Neuzugang weiß genau, was Guardiola von seinen Spielern erwarten. Pep und Thiago - es scheint zu passen. Guardiola erwartet viel Laufbereitschaft von seinen Spielern. Im 4-1-4-1-System soll kein Spieler in seiner Position verharren, damit Räume gegen die größtenteils tief stehenden Gegner der Münchner geschaffen werden. Aufgrund seiner Vielseitigkeit und Spielintelligenz ist Thiago genau der Richtige für Peps Vorstellungen.

Bislang galt Mario Götze als Guardiolas Wunschspieler. Doch vor einigen Tagen machte der Startrainer auf der PK seinen Wunsch nach Thiago öffentlich. „Entweder Thiago oder keiner“, sagte der Bayern-Trainer überraschend deutlich und erzählte zugleich, dass Götze, der trotzdem ein „super Spieler“ sei, der Wunsch von Sportdirektor Matthias Sammer und Vorstands-Boss Karl-Heinz-Rummenigge gewesen sei.

Es ist demnach nicht vermessen zu sagen, dass Thiago ein zentraler Baustein in Peps System sein wird. Der gebürtige Italiener kann im Mittelfeld auf allen Positionen spielen, selbst als „falscher Neuner“ in der Sturmspitze konnte der Sohn des brasilianischen Weltmeisters von 1994, Mazinho, schon überzeugen.

Guardiola wird rotieren

In der ohnehin schon außergewöhnlich stark besetzten Offensive des FC Bayern wird der Konkurrenzkampf dadurch noch größer. Auch die deutschen Nationalspieler Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller und Toni Kroos müssen nun um einen Stammplatz, den sie unter Ex-Trainer Jupp Heynckes meist sicher hatten, kämpfen. Mit Götze könnte einem weiteren Schützling von Bundestrainer Joachim Löw ein Platz auf der Bank drohen. Ein Jahr vor der WM in Brasilien wären geringe Einsatzzeiten im Verein besonders bitter.

Alle vier genannten werden wohl nie gemeinsam in der Startelf stehen. Doch Guardiola kündigte bereits viel Rotation an, weil der FC Bayern erfolgreich auf mehreren Hochzeiten tanzen und möglichst alle Titel aus der letzten Saison verteidigen will. Dazu muss der deutsche Rekordmeister im Dezember die Club-WM in Marokko und im August den Uefa-Supercup in Prag gegen Chelsea spielen.

Demnach wird jeder Spieler im Verlauf einer langen Saison zum Einsatz kommen. Die Frage ist nur, ob die Stars mit ihren Einsatzzeiten zufrieden sein werden. Abendblatt.de analysiert, mit welchen Formationen Guardiola spielen könnte:

Ist Kroos der große Verlierer?

Die wahrscheinlichste Variante ist wohl mit Mario Mandzukic als Sturmspitze und Mario Götze direkt dahinter als Spielmacher. Franck Ribery dürfte auf der linken Außenbahn ohnehin gesetzt sein, auf rechts sollte sich Müller wie schon größtenteils in der letzten Saison gegen Arjen Robben durchsetzen. Nach den ersten Trainingseinheiten deutet sich an, dass Guardiola wohl auf die Doppelsechs verzichten will und mit nur einem defensiven Mittelfeldspieler spielen lässt. Diese Position dürfte Schweinsteiger übernehmen, an dem aufgrund seiner Erfahrung und seines hohen Stellenwertes in der Mannschaft wohl kein Weg vorbeiführt.

Den letzten freien Platz im Mittelfeld zwischen Schweinsteiger und Götze wird aller Voraussicht nach Thiago ausfüllen. Javi Martínez, der vergangene Saison noch ein kongeniales Duo mit Schweinsteiger bildete, wird von Guardiola wohl zum Innenverteidiger umfunktioniert und könnte mit Jerome Boateng einen weiteren deutschen Nationalspieler aus der Startelf verdrängen. Dante, der sich in der vergangenen Saison zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga entwickelt hat, wird wohl auch unter Guardiola seinen Platz in der ersten Elf sicher haben. Auf den Außenverteidigerpositionen sind nach wie vor David Alaba und Kapitän Philipp Lahm die Platzhirsche. An dieser Formation der Viererkette dürfte Guardiola auch festhalten. Im Tor ist Manuel Neuer ebenfalls unumstritten.

Es ist allerdings auch denkbar, dass Müller hinter der Sturmspitze aufgestellt wird und Robben, den Guardiola bei seiner offiziellen Vorstellung als „Geschenk“ bezeichnete, auf seiner angestammten rechten Außenbahn in die Mannschaft rückt. Für 37-Millionen-Einkauf Götze, der momentan ohnehin noch nicht richtig fit ist, bliebe somit ebenso wie Toni Kroos nur ein Platz auf der Bank.

Bundestrainer Löw wird genau hinschauen

Eine weitere Variante: Thiago agiert als Spielmacher hinter der einzigen Spitze. Kroos und ein etwas defensiverer Schweinsteiger könnten hinter dem Spanier im zentralen Mittelfeld auflaufen. Auf rechts streiten sich erneut Müller und Robben um den Stammplatz, Götze bliebe wieder nur außen vor. Doch für den 21-Jährigen spricht ähnlich wie bei Thiago seine Vielseitigkeit. Einer der beiden Jungstars könnte als verkappter Stürmer auflaufen und somit Goalgetter Mandzukic aus der ersten Elf verdrängen. Der jeweils andere würde dann als Spielmacher fungieren, mit Kroos und Schweinsteiger als Absicherung. Thiago und Götze könnten gemeinsam in vorderster Front wirbeln und immer wieder die Positionen tauschen. Für den Gegner schwer berechenbar, könnte diese Formation aber auch für die Bayern zum Problem werden. Denn gerade Götze ist nicht gerade für seine Abschlussstärke bekannt, gilt eher als exzellenter Vorbereiter.

Für welche Formation sich Guardiola auch immer entscheidet, besonders Kroos scheint als großer Verlierer aus der Thiago-Verpflichtung hervorzugehen. Auch Götze droht durch die neue Konkurrenz des Öfteren ein Platz auf der Bank. Innenverteidiger Boateng wird wohl auch Schwierigkeiten haben auf ausreichend Einsatzzeiten zu kommen. Der deutsche Nationalspieler wird voraussichtlich nur spielen, wenn Martinez auf der Sechs zum Einsatz kommt. Müller scheint sich hingegen erneut gegen Robben durchzusetzen und beackert wie gewohnt die rechte Außenbahn.

Löw wird genau beobachten, wer seine Einsatzzeiten erhält und somit für die Startelf in einem Jahr bei der WM in Brasilien infrage kommt.