Einer der bekanntesten Leichtathleten der vergangenen Jahre hat womöglich manipuliert: US-Sprintstar Tyson Gay hat einen positiven Dopingtest bekannt gegeben und seinen WM-Verzicht verkündet.

Washington/Köln. Fünf Wochen vor dem Saisonhöhepunkt droht der Leichtathletik ein riesiger Dopingskandal: US-Topstar Tyson Gay, der schnellste Mann des Jahres über 100 m, hat am Sonntag eine positive A-Probe gebeichtet und seinen Verzicht auf die Weltmeisterschaften in Moskau (10. bis 18 August) bekannt gegeben. Damit wird das mit Spannung erwartete Mega-Duell mit Weltrekordler Usain Bolt (Jamaika) wie schon bei der WM 2011 platzen - damals fehlte Gay verletzt, nun droht ihm eine zweijährige Sperre.

In einer Telefonkonferenz erklärte der 30-Jährige, der mit 9,69 Sekunden über 100 m hinter Bolt (9,58) der zweitschnellste Sprinter der Geschichte ist und bei der WM 2007 dreimal Gold geholt hatte, dass er am Freitag durch die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) über die positive A-Probe informiert worden sei, die am 16. Mai im Training entnommen worden war. Auf welche Substanz er positiv getestet wurde, ließ Gay offen. Unter Tränen erklärte er allerdings, die Öffnung der B-Probe beantragt zu haben. „Ich habe keine Hinweise darauf, dass irgendetwas sabotiert wurde. Ich habe jemandem vertraut und wurde wohl von diesem im Stich gelassen“, sagte Gay.

Sollte sich auch der zweite Test positiv erweisen, wäre ein Skandal perfekt, der in einer Reihe mit den Fällen Ben Johnson (1988), Katrin Krabbe (1992) und Justin Gatlin (2006) steht. Zudem würde es die Leistungssteigerung Gays in dieser Saison in neuem Licht erscheinen lassen: Der gedrungene Sprinter aus Lexington/Texas war 2013 so schnell wie seit vier Jahren nicht mehr, galt mit Saisonzeiten von 9,75 Sekunden über 100 m (Bestzeit: 9,69) und 19,74 Sekunden 200 m (19,59) als Topfavorit für die WM in Moskau - und größter Rivale von Superstar Bolt, der Anfang Juli in Paris mit 19,73 Gays Jahresbestmarke über 200 m knapp unterboten hatte. Gay war 2012 nach elf Monaten Verletzungspause und einer Operation an der dauerhaft angeschlagenen Hüfte in die Weltspitze zurückgekehrt, bei den Olympischen Spielen in London hatte der Welt-Leichtathlet von 2007 mit Staffelsilber seine erste olympische Medaille gewonnen.

2013 sollte nun sein Jahr werden, Gay war dauerhaft fit und beständig schnell. Bei seinem Europadebüt in Lausanne Anfang Juli glänzte er erneut mit 9,79 Sekunden, am Freitag war der nächste Start beim Diamond-League-Meeting in Monaco geplant. „Ich glaube, ich habe gegen jeden in der Welt eine gute Chance. Ich muss nur gesund bleiben“, sagte Gay im Frühjahr: „Es wird Zeit, dass ich wieder eine Bestzeit laufe. Die letzte ist vier Jahre alt. Und einen großen Sieg habe ich schon sechs Jahre nicht mehr gefeiert.“ 2013 wollte er einen solchen Triumph endlich wiederholen. So wie es scheint, waren ihm dafür alle Mittel recht.