Weltmeister Sebastian Vettel jagt am Nürburgring einen ganz besonderen Erfolg. Es wäre sein 30. Sieg in der Königsklasse – zudem hat er noch nie den Großen Preis von Deutschland gewonnen.

Adenau. Es ist nicht so, dass Sebastian Vettel Erfolge auf dem Nürburgring völlig fremd sind. „2009 stand ich dort das erste Mal auf dem Podium“, erinnert sich der Weltmeister, „das war eine fantastische Erfahrung – dank der deutschen Fans.“ Für einen Sieg reichte es aber nicht ganz, Vettel wurde Zweiter hinter Mark Webber. Vier Jahre und drei WM-Titel später tritt Vettel am Sonntag (14 Uhr/RTL und Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) zum sechsten Mal zum Heim-Grand-Prix an, zum dritten Mal in der Eifel. Vieles hat sich geändert in den Jahren, nur eines blieb stets gleich: Gewonnen hat der Heppenheimer in Deutschland noch nie.

Für Vettel ist das nach drei Jahren der Dominanz eine ziemlich unwahrscheinliche Bilanz, von höherer Gewalt will der 26-Jährige dennoch nichts wissen. „Wir hatten hier und in Hockenheim ja schon gute Rennen – es aber war einfach nie gut genug, um zu gewinnen“, sagt Vettel. Eins sei jedoch sicher: „Es gibt keinen Fluch“, sagt er im Gespräch mit der Sport Bild mit Nachdruck: „Im Gegenteil. Es gibt eher so etwas wie einen Heimvorteil.“ Wenn er in der Eifel aus der Box rolle, dann fühle es sich an wie „ein Fußballspiel auf heimischem Boden“. 100 Prozent gebe er immer, „aber beim Heimrennen ist man noch motivierter.“ Daher soll 2013 endlich der erste Sieg her, schon Anfang Juni gelang Vettel ja sein Premierenerfolg in Kanada.

Und aus einem weiteren Grund wäre ein Erfolg auf dem Traditionskurs in der Eifel ein besonders klangvoller in der Karriere des Hessen: Steht Vettel am Sonntag ganz oben auf dem Podest, dann schraubt er sein Konto auf 30 Erfolge in der Königsklasse. In der ewigen Bestenliste fehlt ihm dann nur noch ein Erfolg, um mit Nigel Mansell auf Platz fünf gleichzuziehen.

Trotz allem sieht sich Vettel immer wieder mit mangelnder Anerkennung konfrontiert. Dass er, der dreimalige Champion, nicht der beste Pilot sei, sondern seine Erfolge zu einem großen Teil seinem starken Red-Bull-Boliden zu verdanken habe, ist keine unbeliebte Theorie, gerade bei der Konkurrenz. Mit derartigen Provokationen sorgen etwa Erzrivale Fernando Alonso (Ferrari) und Lewis Hamilton (Mercedes) immer wieder für Nadelstiche. „In gewisser Weise ist es schon komisch“, sagt Vettel daher im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Manche Leute gönnen einem den Erfolg, andere nicht.“ Das kann ihm nicht gefallen, aber er sieht sich mit diesem Problem in prominenter Gesellschaft.

„Inzwischen verstehe ich einige Dinge besser“, sagt er, „die auch Michael Schumacher in seiner Karriere erfahren hat, sie wiederholen sich. Manche Leistungen werden erst später anerkannt, in der Gegenwart aber wird nach Gründen gesucht, um diese Leistung zu schmälern.“

Er wolle sich davon nicht stören lassen. Ohnehin habe er in der Formel 1 längst seinen Frieden gefunden, er fühlt sich längst nicht mehr so getrieben wie noch vor seinem ersten Titel im Jahr 2010. „Einmal Weltmeister werden – das war für mich immer der Traum schlechthin“, sagt Vettel, „von mehreren Titeln habe ich gar nicht träumen wollen, die Formel 1 war früher so weit weg, solche Gedanken wären einfach nur verrückt gewesen.“

An Motivation mangelt es aber auch auf dem Weg zum vierten Titel nicht, seinen Antrieb holt er sich kurzfristig – jedesmal, wenn er in sein Auto steigt. „Ich will schneller sein als alle anderen – und zwar permanent“, sagt er: „Freitagmorgen im ersten Training, samstags im Qualifying, sonntags will ich die Rennen gewinnen.“ Und am Wochenende soll das endlich auch am Nürburgring klappen.

Fahrer drohen mit Rückzug bei Reifenplatzern

Angesichts der Reifenplatzer in Silverstone hat die Fahrergewerkschaft der Formel 1 GPDA um Vettel offiziell mit ihrem Rückzug vom Großen Preis von Deutschland gedroht, sollte sich im Laufe des Rennwochenendes Vergleichbares ereignen. „Wenn ähnliche Probleme während des deutschen Grand Prix auftreten, werden wir uns augenblicklich von diesem Event zurückziehen, da dieses vermeidbare Problem erneut das Leben von Fahrern, Streckenposten und Fans gefährden würde“, hieß in einem offiziellen Statement der GPDA am Donnerstagabend.

„Wir möchten unsere tiefsten Sorgen über die Ereignisse in Silverstone ausdrücken“, schrieben die Fahrer. Man vertraue allerdings darauf, dass die nach Silverstone vorgenommenen Veränderungen die gewünschten Ergebnisse hätten, damit das Rennen am Nürburgring von ähnlichen Vorfällen verschont bleibe.

In Silverstone war alleine im Rennen an vier Boliden der linke Hinterreifen geplatzt. Pirelli wird in der Eifel daher überarbeitete Hinterreifen mit Kevlar- statt mit Stahl-Gürtel einsetzen. Für den Großen Preis von Ungarn am 28. Juli kündigte Pirelli zudem den Einsatz von neuen Reifen an.