Der Reformkongress der Fifa brachte keine große Überraschung. Die Delegierten folgten mit klarer Mehrheit den Ideen von Präsident Blatter. Aber aus Europa regt sich Widerstand gegen einen Beschluss.

Port Louis/Berlin. Gegen den Widerstand aus Deutschland und Europa hat die Fifa eine Verschiebung von wesentlichen Punkten ihrer umstrittenen Demokratie-Reformen beschlossen. Mit 123:16-Stimmen votierten die Delegierten beim Kongress des Fußball-Weltverbandes am Freitag auf Mauritius, erst beim nächsten Treffen des Gremiums 2014 in Sao Paulo über ein Alterslimit und eine Amtszeitbeschränkung seiner mächtigen Funktionäre zu entscheiden.

Kurz vor der Abstimmung hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sich zum Wortführer der Uefa-Delegierten aufgeschwungen und sein Unbehagen über diese Entscheidung ausgedrückt. „Es wäre ein gutes Signal für die Öffentlichkeit gewesen, wenn wir über einen Vorschlag abgestimmt hätten“, sagte er.

Andere Punkte der Reform wurden ohne Widerspruch verabschiedet. Die Einführung eines Integritätschecks für alle Mandatsträger wurde mit 198:2 Stimmen beschlossen. Zudem wird künftig der Kongress und nicht mehr das Exekutivkomitee die WM-Gastgeber bestimmen. Das deutsche Fifa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger hatte zuvor mit einer leidenschaftlichen wie ausschweifenden Rede für diese von ihm mitentworfenen Vorschläge geworben.

Fifa-Chef Joseph Blatter hatte den Kongress schon in seiner Eröffnungsansprache aufgefordert, den Änderungen in den Fifa-Statuten zuzustimmen. Der Schweizer gestand ein, dass der Weltverband durch die diversen Korruptionsskandale eine schwere Zeit zu überstehen hatte. „Es wäre gelogen zu sagen, dass es einfach war. Ja, wir mussten uns selbst hinterfragen. Und wir mussten für das Wohlergehen des Spiels gegen Widerstände in unseren eigenen Reihen kämpfen. Das hat geschmerzt“, sagte Blatter.

Themen aus „politischen Gründen“ nicht umgesetzt

In der im Zuge des seit 2011 laufenden Reformprozesses erneuerten Ethikkommission wurden der Deutsche Hans-Joachim Eckert und der Amerikaner Michael Garcia als Vorsitzende der rechtssprechenden und ermittelnden Kammer bestätigt.

Von internationalen Anti-Korruptionsexperten wurde der nach den Skandalen um die WM-Vergabe 2022 an Katar und Vorwürfen gegen bestechliche Fifa-Funktionäre eingeleitete Reformprozess immer wieder als unzureichend kritisiert. Der angesehene Schweizer Rechtsprofessor Mark Pieth, der den Prozess als Vorsitzender des Independent Governance Comittees begleitet hat, lobte die Fifa für ihre Bemühungen, äußerte aber auch kritische Worte.

Den Integritätscheck durch die Kontinentalverbände ausführen zu lassen, entspreche nicht den gängigen Standards. Auch müssten die Fifa sich bei der Offenlegung der Vergütung seiner Funktionäre noch bewegen. Manche Themen seien wegen „politischer Entscheidungen“ nicht umgesetzt worden.

„Für mich ist die Altersgrenze nicht so wichtig“

Schon vor seiner offiziellen Rede äußerte sich Pieth zu den diffizilen Themen Alterslimit und Amtszeitbegrenzung und sprach damit den Reformmotoren Niersbach und Zwanziger sicher aus den Herzen. „Für mich ist die Altersgrenze nicht so wichtig. Wenn sie sich entscheiden, einen 80-Jährigen den Sport junger Menschen leiten zu lassen, ist das ein bisschen merkwürdig. Aber die Amtszeitbeschränkung ist wichtiger. Es ist logisch zu sagen, dass man kein Netzwerk von alten Jungs haben will, die sich über einen Zeitraum von 30 Jahren einrichten“, sagte Pieth.

Zu diesem Thema konnte aber vorab keine mehrheitsfähige Formulierung gefunden werden – daher die Verschiebung. Blatter sieht die Fifa dennoch schon jetzt in einer führenden Rolle bei der demokratischen Entwicklung großer Sportverbände: „Das sind umfassende und harte Reformen, die unsere Organisation zum Besseren entwickeln und die Fifa zu einem Vorkämpfer in der Welt des Sports machen.“