Die lebende Legende Sir Alex Ferguson tritt nach 27 Jahren ab. ManUnited bestätigt: Sein Nachfolger kommt vom Ligarivalen FC Everton – und hat noch keinen Titel gewonnen.

Alexander Sarter

Manchester/Franfurt. Die Legende geht, ein No-name kommt: David Moyes tritt beim englischen Fußball-Rekordmeister Manchester United das schwere Erbe von Sir Alex Ferguson an. Moyes wird zur neuen Saison vom Ligarivalen FC Everton zu den Red Devils wechseln, wo er in übergroße Fußstapfen tritt. Die Verpflichtung des 50-jährigen Schotten gab ManUnited am Donnerstag bekannt. Ferguson, der am Mittwoch überraschend seinen Abschied zum Saisonende erklärt hatte, gewann in seiner Laufbahn als Teammanager 49 Trophäen, allein 38 in knapp 27 Jahren bei United. Moyes hat in 15 Jahren als Trainer keinen einzigen echten Titel gewonnen.

Mit Ferguson, 71, geht der Mann, der dem FC Bayern die Mutter aller Niederlagen zufügte, David Beckham einen Schuh an den Kopf warf und sich über Jahre mit Kollegen wie Arsene Wenger fetzte. Mit all den Erfolgen und Eskapaden des schottischen Ritters ist bald Schluss: Ferguson, wegen seiner aufbrausenden Art mit dem Spitznamen „Der Föhn“ versehen, hat sich seine Entscheidung „nicht leicht gemacht“, wie er betonte: „Aber es ist der richtige Zeitpunkt.“ Ferguson hat Moyes, den er vor 15 Jahren als Assistent zu United hatte holen wollen, dem Klub selbst als seinen Nachfolger empfohlen. „Für mich ist es wichtig, den Verein in bestmöglicher Verfassung zu hinterlassen - und ich denke, das tue ich“, sagte Ferguson. Qualität und Alter seiner Mannschaft garantierten langfristig weiteren Erfolg auf höchstem Niveau, ergänzte Ferguson: „Der Verein steht vor einer glänzenden Zukunft.“ Mit Moyes, einem Schotten wie „Fergie“.

Moyes war über elf Jahre als Teammanager bei Everton. Die größten Erfolge seiner Amtszeit: Platz vier in der Spielzeit 2004/05 und der Einzug ins FA-Cup-Endspiel 2009, wo die Toffees dem FC Chelsea 1:2 unterlagen. Der frühere Verteidiger, 1982 schottischer Meister mit Celtic Glasgow, gilt als Mann mit Prinzipien und ehrliche Haut. Wie Ferguson war er drei Mal englischer Coach des Jahres. International ist er aber wenig bekannt. 2005 scheiterte er mit Everton in der Qualifikation zur Champions League am FC Villarreal.

Ferguson gewann die Königsklasse 1999 und 2008, vor eineinhalb Wochen hatte er United zum 20. Meistertitel geführt, seiner 13. mit dem Klub, den er zum Rekordmeister machte. Sein 1500. und letztes Spiel als Teammanager bestreitet er bei West Bromwich Albion am 19. Mai, dann rückt er in den Vorstand des Klubs auf. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe von Fergusons Abschied überraschte viele, auch in dessen engstem Umfeld. Bruder Martin sagte, Ferguson habe darüber nicht einmal mit seiner Familie gesprochen. „Das kam aus heiterem Himmel.“ Englische Medien spekulierten über mögliche gesundheitliche Probleme Fergusons, der sich im Sommer einer Hüft-OP unterziehen will. 2004 wurde ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt.

Das Ende der Ära Ferguson sorgte über die Fußballwelt hinaus für Aufsehen. „Seine Verdienste um das Spiel sichern ihm ohne Zweifel einen Platz unter den Größten“, schrieb FIFA-Präsident Joseph S. Blatter bei Twitter. Fußball-„König“ Pele nannte Ferguson wie auch „Kaiser“ Franz Beckenbauer eine „Legende“. Der britische Premierminister David Cameron bezeichnete die Lebensleistung Fergusons im Parlament als „außergewöhnlich“, für den Präsidenten des englischen Verbands (FA), David Bernstein, ist Ferguson „einer der größten Trainer aller Zeiten“. In Manchester ist diese Erkenntnis nicht neu. Dort ist bereits eine Tribüne des Old Trafford nach Ferguson benannt, vor dem Stadion können die Besucher ihn als Bronzestatue bewundern.

Den Ruhm nimmt der Coach, der vor seiner Zeit bei United mit dem FC Aberdeen den Europapokal der Pokalsieger gewonnen hat und kurzzeitig auch schottischer Nationaltrainer war, mit in den Ruhestand. „Ich muss mich nun um meine Familie kümmern. Meine Frau Cathy war die Schlüsselfigur während meiner gesamten Karriere. Sie war und ist der große Rückhalt für mich. Ich kann nicht in Worte fassen, was sie für mich bedeutet“, sagte Ferguson, der nach dem Gewinn des Triples 1999 zum Ritter geschlagen worden war. Beim deutschen Rekordmeister aus München erinnert sich niemand gerne an dieses Jahr. „Ich kann es nicht glauben, ich kann es nicht glauben! Fußball, verdammte Hölle“, schrie Ferguson damals nach dem Last-Minute-Sieg gegen die Bayern im Finale der Königsklasse durch das Stadion Camp Nou. Seinen Superstar Beckham schrie Ferguson nach einer Niederlage im FA-Cup nicht nur an: Ein von Ferguson gekickter Schuh verursachte im Jahr 2003 eine Platzwunde bei Beckham. Immerhin ist „Becks“ nicht nachtragend. „Er war wie ein Vater für mich“, sagte er jetzt.