Über 100 Meter Schmetterling schwamm Deibler Weltjahresbestzeit - auch ansonsten ist der neue Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz größtenteils zufrieden.

Hamburg. Steffen Deibler hat Grund zum Jubeln. Nicht nur, dass der Hamburger insgesamt vier Titel (50 und 100 Meter Freistil, 50 und 100 m Schmetterling) in Berlin holen konnte: Über 100 Meter Schmetterling stellte er einen deutschen Rekord auf und sicherte sich Platz eins der Jahres-Weltbestenliste.

„Das war sauschnell, schneller als Phelps bei seinem Olympiasieg. Das macht Spaß“, so Deibler nach seinem herausragenden Ergebnis von 51,19 Sekunden. Und tatsächlich, bei den Olympischen Sommerspielen in London brauchte Michael Phelps 0,02 Sekunden mehr für die Strecke, um sich die Goldmedaille zu sichern.

Und auch sonst machten die Deutschen Meisterschaften dem neuen Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz Hoffnungen für die Weltmeisterschaften im Sommer. Wenn da nicht der spektakuläre Startverzicht der Weltrekordlerin Britta Steffen gewesen wäre. „Insgesamt bin ich zufrieden, aber leider gab es den kleinen Wermutstropfen durch Britta Steffens Erkrankung.“ Um nach Paul Biedermann, der wegen seines Trainingsrückstandes erst gar nicht bei der DM angetreten war, nicht auch noch dessen Lebensgefährtin für die WM zu verlieren, müssen der Bundestrainer und DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow die Hintertür öffnen. Beide signalisierten bereits eine Sonderbehandlung für den an einem viralen Infekt erkrankten Star.

„Eine Britta Steffen ist eine extrem wichtige Person im Schwimmen, hat in der Vergangenheit so viel für Deutschland geleistet, dass wir ihr alle erdenklichen Optionen offen halten wollen“, sagte der Essener, der Steffen mit Blick auf eine Staffel-Nominierung zu einem Start im Vorlauf über 100 m Freistil überredet hatte. Die geschwächte Schwimmerin blieb in 55,68 Sekunden über der WM-Vorlaufnorm und sagte danach alle weiteren Starts ab.

Wahrscheinlich wird Steffen der eine freie Einzelstartplatz über 100 m Freistil neben der deutschen Meisterin Daniela Schreiber (Halle) zugesprochen. Ein Start auf ihrer Paradestrecke 50 m Freistil scheint jedoch außer Reichweite. Im Finale am Sonntag erfüllten sowohl Schreiber als auch Dorothea Brandt (Essen) die Normkriterien.

Steffen selbst wollte sich zu ihren WM-Chancen nicht äußern. „Ich muss erstmal selber runterkommen“, sagte die Weltrekordlerin und machte sich dann sichtlich mitgenommen auf den Heimweg nach Halle/Saale in die gemeinsame Wohnung mit Biedermann. Der sah sich und seine Freundin vom Pech verfolgt: „Für uns beide kommt es richtig dicke.“

Während die Stars im deutschen Schwimmsport schwächeln, setzten einige junge Athleten Ausrufezeichen. Lambertz' Maßnahme, die WM-Normen aus Motivationsgründen deutlich zu entschärfen, ging auf: „So habe ich mir das vorgestellt: Die zweite Reihe sieht ihre Chance und greift zu.“

So wie Selina Hocke, die große Überraschung der DM. Die 16-Jährige sicherte sich in ihrer Heimatstadt die Titel über 50 und 200 m Rücken und das WM-Ticket. „Ich bin total überwältigt“, sagte Hocke und vergoss Tränen der Freude. Lambertz bescheinigte der Newcomerin eine „irre Leistung“ und meinte: „Sie ist ein Sonnenscheinchen.“

Die Stimmung im deutschen Team ist nach dem Null-Medaillen-Debakel von Olympia deutlich gestiegen. Auch zwischen Bundestrainer Lambertz und Sportdirektor Buschkow herrscht Harmonie. Mit Lambertz' Vorgänger Dirk Lange war Buschkow in Kompetenzfragen immer wieder aneinander geraten. „Henning bringt gute Stimmung und neuen Schwung ins Team“, lobte Buschkow, stellte aber auch klar: „Der Maßstab ist die WM.“