Der Superstar des FC Barcelona ist beim Halbfinale der Champions League dabei. Doch ob er seine Oberschenkelverletzung wirklich auskuriert hat, scheint nicht klar.

München. Um halb eins betrat der „Messi-as“ deutschen Boden - und ganz Katalonien atmete auf. Kein Humpeln, keinerlei Anzeichen von körperlicher Schwäche, stattdessen ein Lächeln: Lionel Messi, der Über-Irdische, der Weltfußballer und Superstar des FC Barcelona, schien bereit für das erste Giganten-Duell mit Bayern München im Halbfinal-Hinspiel der Champions League am Dienstag (20.45 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de). Als der „Fußball-Heilige“ aus Argentinien dem Airbus A330-200 entstieg, schien die lästige Oberschenkelverletzung, die ihn zuletzt behindert hatte, endlich überwunden.

Messi ist bereit für die Bayern - und deren Respekt vor dem „Genius“ (Sportvorstand Matthias Sammer) riesengroß. Trainer Jupp Heynckes nannte den 25-Jährigen „ein Phänomen“, Messi gehöre in die „Kategorie Zidane, Maradona, Pele“, seine Torquote sei „außerirdisch“. Die 20-minütige Verspätung des Air-Europa-Fluges AEA867 konnte aber auch der allmächtige Messi nicht verhindern. Sein Wirken soll sich aber ohnehin auf den Platz beschränken. Und da erwarten Fans und Medien in Barcelona wahre Wunderdinge von „La Pulga“, dem Floh, der von seinem Vater Jorge nach München begleitet wurde.

Das Blatt „Mundo Deportivo“ hatte Messi am Montag auf der Titelseite, der Star zeigte die fünf Finger seiner rechten Hand für fünf Europapokale, die der Groß-Club Barcelona in dieser Saison gewinnen soll. Messi, wer sonst, soll mithelfen, den „großen Traum“ zu verwirklichen. Auch „Sport“ warb mit Messi, den die Zeitung in Jubelpose auf den Titel nahm, im Hintergrund blinkte der Champions-League-Pokal. Der kleine Argentinier sei Barcas „tödliche Waffe“, schrieb das Blatt - und benannte zugleich das größte Problem: Die „Messidependencia“, die „Abhängigkeit von Messi“.

Sportdirektor Andoni Zubizarreta gab kurz vor dem Abflug auch zu, dass dem so ist: „Wir wissen um seine Bedeutung für die Mannschaft, gegen Paris haben wir es ja gesehen.“ Im Viertelfinal-Rückspiel gegen Paris St. Germain leitete er, obwohl noch stark beeinträchtigt von seinen Oberschenkelproblemen, das 1:1 ein, das Barca zum sechsten Mal nacheinander in die Runde der letzten Vier brachte (Rekord). Das war am 10. April, seitdem hat Messi keine Sekunde gespielt. Ist er wirklich bereit für die Bayern? „Ich denke, wir werden den besten Messi sehen - und zwar von Anfang an“, sagte Messis Teamkollege Xavi am Montagabend vor dem Abschlusstraining in der Münchner Arena.

Co-Trainer Jordi Roura wollte sich jedoch „noch nicht so weit aus dem Fenster lehnen“ und besagte Einheit am Montagabend abwarten. „Er hat ein gutes Gefühl, er macht Fortschritte. Wenn der positive Trend sich fortsetzt, können wir mit ihm planen“, sagte er. Sportdirektor Andoni Zubizarreta betonte sicherheitshalber, die Mannschaft käme notfalls „auch ohne ihn zurecht“. Ohne Messi, der 2012/13 in 29 Ligaspielen 43 Tore erzielt hat. Ohne Messi, der in zehn Spielen der Königsklasse acht Mal traf, der mit seinen 59 Toren in diesem Wettbewerb den großen Raul (71) jagt. Ohne Messi, der aus all dem Ballbesitz erst Erfolg zu schaffen vermag. Und dieser Messi, sagte Trainer Tito Vilanova, sei nach seiner Verletzung erst „bei 70 Prozent“.

Überhaupt scheint Barcelona nicht mehr in der Verfassung wie bei den Champions-League-Siegen 2009/2011. Von den vergangenen sieben Spielen in der Königsklasse haben Messi und Co. nur zwei gewonnen, in der K.o.-Runde gab es in vier Begegnungen nur einen Sieg, dieser geriet gegen den AC Mailand im Achtelfinale mit 4:0 aber triumphal. Das Selbstbewusstsein ist jedenfalls alles andere als angekratzt, daran änderte auch der müde Auftritt bei der Generalprobe gegen UD Levante (1:0) nichts. „Die Ära, in der Fußball von elf Männern gegen elf andere gespielt wurde und am Ende immer Deutschland gewann, ist vorbei“, sagte Abwehrspieler Pique in Anlehnung auf einen legendären Spruch von Gary Lineker: „Und wir haben sie beendet! Mit Barcelona und mit Spanien haben wir die Geschichte verändert.“

Überheblichkeit oder Träumereien von einem Clasico im Endspiel gegen Real Madrid seien dennoch fehl am Platze. „Wir irren uns, wenn wir uns bereits im Finale sehen. Das haben wir schon im letzten Jahr getan - und weder sie noch wir sind dort angekommen“, sagte er. Neben Pique fehlt Barca im Abwehrzentrum in Kapitän Carles Puyol der „Leader“ (Sammer) verletzt, zudem fallen mit Javier Mascherano (verletzt) und Adriano (Gelbsperre) zwei weitere Abwehrspieler aus. Dennoch dürfte der junge Marc Barta spielen, nicht Eric Abidal, der gegen Levante erstmals seit seiner Lebertransplantation von Beginn an auflief.