Ex-Profi feiert Abschied im Chemnitz-Trikot. „Man sieht vieles neutraler und ruhiger als im Tagesgeschäft, in dem man als Profi steckt.“

Chemnitz. Das Trikot wird bestimmt ein Sammlerstück. Ganz in Himmelblau, mit der Nummer 13 und dem Namen des zurückgekehrten Sohnes. Für einen Abend feierte der gebürtige Sachse Michael Ballack ein Comeback. 15 Jahre mussten die Chemnitzer Fußballfans warten, bis „ihr Michael“ wieder für seinen Heimatclub spielte. „Die Herzlichkeit ist brutal da“, sagte der 36-jährige Ex-Capitano beeindruckt. Fast 5000 Menschen in der Chemnitz-Arena mit dem Charme einer Fabrikhalle bereiteten Ballack einen fast euphorischen Empfang.

„Ich weiß ja, wo ich herkomme. Ich habe 20 Jahre hier gelebt, mein Fußball-ABC hier gelernt. Das wissen die Leute natürlich“, erklärte der Rückkehrer. Drei Tage hat er sich Zeit genommen für den Besuch in seiner sächsischen Heimat, für Treffen mit Familie und Freunden. Und für seinen Auftritt beim Oldie-Hallenturnier. Wettkampfgewicht und Torgefährlichkeit stimmten noch beim 98-maligen Nationalspieler, dessen imponierende Auswahlkarriere nach Verletzung und Zerwürfnissen mit Bundestrainer Joachim Löw ein unwürdiges Ende gefunden hatte. Im Oktober des Vorjahres schloss Ballack nach den Jahren mit Kaiserslautern, Leverkusen, Bayern und Chelsea seine Laufbahn ab.

„Wenn man aktiv ist und aktiv bewertet wird, ist ein ganz anderer Fokus, ein ganz anderer Druck da. Man sieht vieles neutraler und ruhiger als im Tagesgeschäft, in dem man als Profi steckt“, sagte der Vizeweltmeister von 2002 und Vizeeuropameister 2008 zu seiner neuen Situation. Ballack, durch seine Fähigkeiten und Ausstrahlung als Profi immer im Mittelpunkt und von seiner Sonderstellung überzeugt, ist auf der Suche. „Jetzt komme ich ein bisschen zur Ruhe, entferne mich ein bisschen aus der Öffentlichkeit. Auch ein bisschen Abstand gewinnen vom Fußball. Ich widme mich jetzt mal anderen Dingen“, verriet Ballack in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Mit welchen Dingen, wollte er nicht konkretisieren. Im neuen Leben ist der außergewöhnliche Fußballer Ballack noch nicht angekommen. Beim Behandeln seiner Wehwehchen, die ihn nach über zwei Jahrzehnten Leistungssport noch plagen, trifft er bei Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München ab und an noch seine ehemaligen Kollegen. Beim Oldie-Turnier in Chemnitz schoss er mit viel Ehrgeiz und drei Toren seine „Himmelblauen“ ins Endspiel. Dort traf Ballack auch zweimal, im Neunmeterschießen aber nur die Latte, so dass eine Bundesliga-Auswahl mit Mario Basler über den Sieg jubeln konnte.

Hostessen verkauften dennoch sichtlich vergnügt himmelblaue Ballack-Trikots für Kinder und Erwachsene. Der Noch-immer-Star schrieb Hunderte Autogramme und setzte seine Unterschrift ins Goldene Buch der Stadt Chemnitz. „Das ist jetzt ja nur ein Ausnahmezustand“, meinte Ballack. Ein bisschen klang das nach Erleichterung, ein bisschen nach Entzug. „Ich werde einen Weg einschlagen, wenn es so weit ist. Das muss sich auch entwickeln“, meinte Ballack.

Die Nationalmannschaft beschäftigt den Ex-Kapitän natürlich weiter, Urteile über das Innenleben möchte er aber keine abgeben. „Ich weiß aus vielen Jahre Erfahrung, wie der Trainer und die Mannschaft arbeiten. Aber es hat sich viel verändert, es sind viele gute Spieler dazugekommen. Es sind andere Charaktere, gute Fußballer“, sagte Ballack, zu seiner Zeit der klare Chef.

„Mit den Charakteren verändert sich immer das Mannschaftgefüge, das Auftreten. Deswegen ist es aus der Ferne schwer zu beurteilen.“ Doch irgendwie fühlt er sich doch noch als Teil: „Es gibt selten eine solche Mannschaft, die über so ein Potenzial verfügt wie wir“, bemerkte Ballack: „Da stehen uns sicher gute Jahre bevor.“