Auf dem DFB-Bundestag im Oktober soll der Beschluss gefasst werden, ein zentrales Leistungszentrum für Auswahlspieler zu errichten.

München. Noch neun Monate muss sich Oliver Bierhoff gedulden, bis eine Entscheidung getroffen wird. Doch schon jetzt ist die Errichtung eines Leistungszentrums in Deutschland für den Teammanager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein absolutes Muss. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die sportliche Entwicklung aller Mannschaften im DFB auf eine neue Stufe stellen könnten. Davon würden alle profitieren, auch die Landesverbände. Dieser Schritt ist absolut notwendig, um konkurrenzfähig zu bleiben“, sagte Bierhoff in einem Interview mit der FAS.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der frühere Nationalspieler für ein Leistungszentrum stark macht, wie es etwa die Franzosen in Clairefontaine schon seit Jahren haben. Noch müssen allerdings einige Widerstände - insbesondere der Landesverbände im Deutschen Fußball-Bund (DFB) - überwunden werden, bis im Oktober beim DFB-Bundestag in Nürnberg die Entscheidung fällt.

Hamburg wird als Standort gehandelt

Als Standorte der „Elite-Uni für Nationalspieler“ (Bierhoff) werden derzeit Frankfurt, Köln, Duisburg, Hamburg und München gehandelt. Die Kosten sollen sich auf rund 40 Millionen Euro belaufen. Eine Investition, die sich laut Bierhoff aber voll auszahlen wird - die er aber auch für dringend nötig erachtet, um im Konzert der Großen weiter mitzuspielen. „Wir haben noch einen Vorsprung gegenüber Ländern wie England oder Italien. Aber diese Nationen holen auf. Gerade in einer solchen Phase sollten wir nicht zufrieden sein mit dem Erreichten“, sagte der ehemalige DFB-Kapitän dem Express.

Zuletzt hat er die Pläne gemeinsam mit DFB-Sportdirektor Robin Dutt dem Präsidium vorgestellt. Bierhoff sprach anschließend von einem „Prozess, der Stück für Stück abgearbeitet“ werden müsse. Es müssten „noch viele Fragen beantwortet werden. Vor allem möchten wir uns mit den Landesverbänden abstimmen, sie in die Entscheidung einbinden. Sie haben Bedenken, dass ihre Sportschulen durch ein DFB-Leistungszentrum überflüssig werden könnten. Ich darf an dieser Stelle sagen: Dies wird nicht der Fall sein“, betonte der EM-Held von 1996, der mittlerweile „Unterstützung spürt“. Abgesegnet wurde das Vorhaben immerhin schon einmal von „Kaiser“ Franz Beckenbauer, einem engen Vertrauten von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. „Der Hauptteil der Ausbildung wird weiter in den Vereinen stattfinden, aber der DFB kann viel mehr tun, wenn er ein eigenes Zentrum hat: nicht nur für die Nationalspieler, sondern für seine Talente, seine Schiedsrichter oder etwa im Bereich Management mit einem Lehrstuhl. Ich plädiere für ein solches Zentrum“, sagte Beckenbauer.

Das Leistungszentrum soll mehrere Fußballplätze umfassen, ein Fitness- und Rehazentrum sowie Laufstrecken und Medieneinrichtungen. Genutzt werden soll es von allen Nationalmannschaften, für die Ausbildung der Bundesligatrainer und der Spitzenschiedsrichter. Vorbild ist die „Grande Nation“ Frankreich. Wichtig ist nach Angaben von Bundestrainer Joachim Löw aber vor allem auch, dass in dem Leistungszentrum wie auch in den Niederlanden ein einheitliches Spielsystem einstudiert wird. Bierhoff will auf jeden Fall „Maßstäbe setzen“. Er erhoffe sich „durch diesen Campus nach Vorbild einer Elite-Universität einen noch größeren Austausch zwischen allen DFB-Teams“. Eine solche Einrichtung, sagte der frühere Italien-Legionär mit Blick auf künftige Nachwuchs-Programme, würde für den „Wissenstransfer in die Vereine und an die Basis“ eine „geeignete Plattform sein“.