Lance Armstrong soll bei Oprah Winfrey seine Dopingstrategie offengelegt haben. Außerdem will der Ex-Radprofi gegen Mitwisser aussagen.

Austin. Lance Armstrong hat sein Schweigen gebrochen und will nach der langerwarteten Dopingbeichte laut Medienberichten auch gegen mächtige Mitwisser aus dem Radsport auspacken. In einem Interview mit Star-Moderatorin Oprah Winfrey räumte der ehemalige US-Radprofi am Montag (Ortszeit) ein, bei seinen Tour-de-France- Siegen leistungssteigernde Mittel genommen zu haben. Das berichteten die Nachrichtenagentur AP und die Zeitung „USA Today“ unter Berufung auf mit der Sendung vertraute Quellen. Das Interview wird erst an diesem Donnerstag im US-Fernsehkanal OWN ausgestrahlt.

Zudem wolle der 41-Jährige bezeugen, dass Funktionäre des Radsport-Weltverbands UCI über seinen Gebrauch leistungssteigernder Mittel wussten und diesen möglicherweise unterstützten. Dies schrieb die „New York Times“ auf ihrer Internetseite unter Berufung auf mehrere Quellen. Damit würde dem ohnehin krisengeschüttelten Profi-Radsport endgültig der Kollaps drohen. Armstrong wolle allerdings nicht gegen andere Fahrer aussagen, hieß es weiter. Er sei zudem in Diskussionen mit dem amerikanischen Justizministerium, in einem Gerichtsverfahren als Zeuge gegen verschiedene Besitzer von Rennställen zu agieren.

Weder Armstrong noch Winfrey gaben über den Inhalt des Gesprächs Auskunft. Die 58-Jährige ließ lediglich über den Kurznachrichtendienst Twitter wissen: „Habe gerade zweieinhalb Stunden mit @lancearmstrong unter Dach und Fach gebracht. Er war BEREIT“. Man werde derzeit keine genauen Einzelheiten über das Interview bekanntgeben, betonte ein Sprecher von OWN. Winfrey wollte am Dienstag in der Morgen-Show „CBS This Morning“ des TV-Senders CBS über das Interview sprechen.

Armstrong war mit einer Gruppe von etwa zehn Begleitern zur TV-Aufzeichnung erschienen. An seiner Seite waren unter anderem seine Anwälte Tim Herman und Sean Breen sowie sein langjähriger Berater, Manager und Geschäftspartner Bill Stapleton. Ursprünglich sollte das Gespräch in seinem Haus in Austin (Texas) stattfinden. Da das Grundstück jedoch von etlichen Journalisten umlagert war, entschied man sich, in ein örtliches Hotel auszuweichen.

Der AP hatte Armstrong am Sonnabend erklärt, dass er Winfrey gesagt habe, sie könne „fragen, was immer sie will, und ich werde direkt, ehrlich und offen antworten.“ Im Vorfeld wurde jedoch auch bekannt, dass der 41-Jährige keine umfangreichen Details oder Namen nennen wollte.

Vor dem Gespräch mit Winfrey hatte sich Armstrong bereits bei den Mitarbeitern der von ihm gegründeten Krebsstiftung entschuldigt. Der Texaner besuchte die Büros der „Livestrong“-Stiftung in seiner Heimatstadt Austin, wo er bei den Mitarbeitern um Verzeihung bat. Armstrong, dem seine sieben Siege bei der Tour de France aberkannt worden waren, habe mehrmals um Fassung gerungen, einige Mitarbeiter hätten geweint, berichtete AP. Auf die Vorwürfe des jahrelangen Dopings als Radprofi sei er jedoch nicht eingegangen, hieß es.

Armstrong hatte in der Vergangenheit vehement die Einnahme verbotener Mittel bestritten. Die amerikanische Anti Doping-Agentur Usada hatte ihm jedoch in einem mehr als 1000 Seiten starken Dossier unter anderem dank der Zeugenaussagen ehemaliger Teamkollegen das Gegenteil beweisen können.

Armstrong soll jahrelang gedopt haben, unter anderem mit Epo, Testosteron und Kortison. Außerdem soll er andere Fahrer bei den Rennställen US Postal und Discovery Channel zum Dopen genötigt haben. Usada-Chef Travis Tygart sprach vom „ausgeklügelsten, professionellsten und erfolgreichsten Dopingprogramm, das die Welt jemals gesehen hat.“

Die UCI hatte im Oktober alle Armstrong-Ergebnisse von August 1998 an im Nachhinein gestrichen und ihn lebenslang gesperrt. Ihm drohen nun Schadensersatzklagen und wegen Meineids sogar eine Gefängnisstrafe. So erwägt das Justizministerium nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ und der „USA Today“ eine Klage von Armstrongs früherem Teamkollegen Floyd Landis gegen dessen Landsmann zu unterstützen.

Landis soll nach Berichten von Personen mit Kenntnis über die Klageschrift Armstrong und Teammanager des Betrugs bezichtigen, da sie Sponsorengelder der US-Postbehörde für Dopingzwecke missbraucht hätten. Im Vertrag mit dem Rennstall US Postal, für den Armstrong von 1998 bis 2004 fuhr, war der Verzicht auf leistungssteigernde Mittel festgehalten. Bis Donnerstag müsse sich das Justizministerium entscheiden, ob es sich der Klage anschließt – dem Tag der Ausstrahlung von Armstrongs Beichte.