Abendblatt-Kolumnist Christian Fitzek über den Auftakt der 23. Handball-WM

Es mag Sie überraschen, aber die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat mit ihren ersten beiden WM-Auftritten bei mir einen guten Eindruck hinterlassen. Die Fortschritte gegenüber der EM vor einem Jahr in Serbien waren 40 Minuten lang beim letztlich klaren Auftaktsieg über Brasilien (33:23) und selbst bei der Niederlage gegen starke Tunesier (23:25) unverkennbar. 2012 unterliefen dem Team zum Teil haarsträubende Fehler, Bälle wurden planlos weggeworfen, Gegenstöße nicht bis zum abschließenden Torwurf gelaufen. Eine Struktur war nicht vorhanden. Das ist jetzt anders.

Bundestrainer Martin Heuberger hat eine Philosophie, er setzt konsequent auf die Breite seines Kaders. Jeder Spieler erhält seine Einsatzzeiten, auch in kritischen Phasen wird gewechselt und den Neulingen in der Mannschaft vertraut. Niemand wird überstrapaziert, keiner muss bereits in den ersten Spielen an seine körperlichen Grenzen gehen. Das dürfte sich im Laufe des Turniers auszahlen, wenn die Kräfte bei vielen Spielern zu schwinden beginnen. Dann sollte unser Team genug Reserven haben, um den Faktor Frische entscheidend ins Spiel zu bringen. Und ich bin mir sicher, wir werden noch länger bei dieser WM dabei sein.

Auch die Arbeit in Angriff und Abwehr hat mir gefallen. Wir haben dumme Fehler vermieden, unser Konzept verfolgt und sind nicht in Hektik verfallen. Das macht mir Hoffnung. Bei einigen Pfosten- und Lattentreffern fehlte das Quäntchen Glück, das eine junge, unerfahrene Mannschaft manchmal braucht. Gegen Tunesien haben wir verloren, weil wir deren zwei überragende Rückraumschützen nicht in den Griff bekamen. Wael Jallouz, der acht Tore erzielte, und Amine Bannour (6) haben nun einmal die Klasse, um ein Spiel aus großer Wurfdistanz entscheiden zu können. Das haben sie gegen uns bewiesen. Und es zeigt einmal mehr das hervorragende Netzwerk des THW Kiel, dass der Klub diesen Jallouz zum 1. Juli unter Vertrag genommen hat.

In der deutschen Mannschaft wiederum fehlen Spieler dieser außergewöhnlichen Qualität. Das wussten wir vor dem Turnier. Und wenn nicht einmal Torhüter Silvio Heinevetter an die Bälle kommt, können wir im Moment diesen Nachteil nicht ausgleichen.