Die Kraichgauer stehen nach 15 Spieltagen auf dem Relegationsplatz und haben nur eine der zurückliegenden zehn Partien gewonnen.

Zuzenhausen. Die TSG 1899 Hoffenheim hat mitten in ihrer tiefsten Krise Trainer Markus Babbel vor die Tür gesetzt und baut im Abstiegskampf auf Amateurcoach Frank Kramer. Einen Tag nach der 1:4-Pleite gegen Werder Bremen reagierte der Tabellen-16. der Fußball-Bundesliga wie erwartet auf die vierte Niederlage in Serie und trennte sich nach nicht einmal zehn Monaten von Babbel.

„Unsere sportlich zunehmend bedrohliche Situation und der negative Trend haben mir keine Wahl gelassen“, sagte Manager Andreas Müller am Montag bei einer Pressekonferenz im Trainingszentrum in Zuzenhausen. „Nacktes Überleben hört sich brutal an, aber es geht einfach darum, dass wir in der Liga bleiben.“

Das Aus für Babbel war der zweite Trainerrauswurf in der laufenden Bundesligasaison. Zuvor hatte Felix Magath beim VfL Wolfsburg seinen Platz räumen müssen. Babbel hatte die Hoffenheimer erst am 10. Februar dieses Jahres übernommen, sein Vertrag läuft noch bis zum 30. Juni 2014.

Im fünften Bundesliga-Jahr haben die Kraichgauer damit bereits den fünften Trainer. Das Karussell drehte sich nach dem Abgang von Ralf Rangnick am Neujahrstag 2011 immer schneller: Weder Marco Pezzaiuoli noch Holger Stanislawski oder Babbel konnten für Kontinuität beim einstigen Dorfverein sorgen. Der bisherige U 23-Coach Kramer wird die TSG zumindest in der nächsten Partie am Freitag (20.30 Uhr) beim Hamburger SV betreuen und im letzten Vorrundenspiel am 16. Dezember gegen Borussia Dortmund – „möglicherweise aber auch darüber hinaus“, so Müller.

Der in Memmingen geborene Kramer bringt als Assistent den U 16-Coach Julian Nagelsmann mit, nachdem Babbels Co-Trainer Rainer Widmayer ebenfalls gehen musste. Kramer macht in Köln derzeit noch seinen Fußballlehrer, ist aber dort erstmal von seinen Aufgaben befreit. „Es ist sicher ein großer Vorteil, dass ich die Spieler schon kenne. Das ist natürlich leichter, als wenn man von irgendwo herfährt“, sagte der 40-Jährige.

Müller hatte Babbel am Sonntagabend keine Jobgarantie mehr ausstellen wollen. Seine Telefonate mit Mäzen Dietmar Hopp, der noch bis Mitte Dezember in seinem Urlaubsdomizil in Florida weilt, und Gespräche mit der TSG-Geschäftsführung mündeten dann in der Trainerentlassung. „Ich spüre von Dietmar großes Vertrauen, dass wir die richtigen Schritte einleiten, um wieder in die Spur zu kommen“, sagte Müller. Nach dem Werder-Spiel war bei ihm die Überzeugung gereift, „dass wir vom heutigen Tage an einen Neuanfang machen müssen“.

Am Montag unterrichtete der Manager die ins Trainingszentrum beorderten Profis über den Rauswurf Babbels, der sich selbst nicht äußerte. Das tat Müller: „Natürlich ist er enttäuscht. Aber er hat gesagt, wenn er an meiner Stelle wäre, könnte er verstehen, dass ich so handele.“

Babbel hatte im Sommer ohne Not das Ziel Europa League ausgerufen. Aber schon im ersten Pflichtspiel dieser Saison musste er eine peinliche Niederlage einstecken, als seine Mannschaft im DFB-Pokal mit 0:4 bei den Amateuren des Berliner AK 07 ausschied. Zuletzt spielten die Hoffenheimer über weite Strecken wie ein Absteiger. Unter Babbels Regie gab es aus den vergangenen zehn Spielen nur einen Sieg, in insgesamt 29 Bundesliga-Partien nur sieben Siege. Zudem ist die TSG mit 36 Gegentreffern zur Schießbude der Liga geworden.

Babbel ging nach dem erneuten Tiefschlag gegen Bremen „felsenfest“ davon aus, dass er weiter für Hoffenheikm arbeiten kann. Diese Aussage löste bei den Beobachtern ein müdes Lächeln aus: Der 40-Jährige hatte Woche für Woche immer wieder dieselben Erklärungen von sich gegeben und sich zunehmend ratlos präsentiert.

Dem langjährigen Profi des FC Bayern München und FC Liverpool war es nie gelungen, ein Team zu formen aus einem Kader, den er als Ex-Manager mit zusammengestellt hat: Die Neuzugänge Eren Derdiyok, Filip Malbasic, Chris und Patrick Ochs kamen gar nicht oder kaum zum Einsatz. Als größter Fehler gilt die Verpflichtung von Ex-Nationaltorwart Tim Wiese, den Babbel auch noch zum Kapitän machte und dessen Patzer zu den größten Aufregern der Hoffenheimer Hinrunde gehörten. Die Werder-Fans konnte sich deshalb eine gewisse Häme nicht verkneifen: „Zweite Liga, Wiese ist dabei“, sangen sie am Sonntagabend.