Manager Klaus Allofs hat seinen Wechsel vom SV Werder Bremen zum VfL Wolfsburg bestätigt. Folgt nun auch Trainer Thomas Schaaf?

Bremen/Wolfsburg. Keine Tränen, keine Umarmung, keine Blumen - die ganz großen Emotionen blieben aus. Nur ein kühler Händedruck beendete nach 13 Jahren die Ära von Klaus Allofs bei Werder Bremen. Während des 48 Minuten andauernden Medienverhörs zum spektakulärsten Manager-Wechsel der Bundesliga-Geschichte hatten der scheidende Manager und Bremens Aufsichtsratschef Willi Lemke jeden Augenkontakt vermieden. Ungewöhnlich frostig wurde Allofs nach Wolfsburg verabschiedet. Werder wurde von Allofs' Wechselwunsch „kalt erwischt“, gab Aufsichtsratschef Willi Lemke zu.

„Wahrscheinlich hätte es nur meine Frau geschafft, mich noch einmal umzustimmen“, sagte ein sichtlich gelöster Allofs vor 15 Kamerateams, fünf Fotografen und rund 20 Reporter. „Der Grund ist nicht Unzufriedenheit, Querelen oder fehlende Perspektive“, sagte Allofs: „Es war einfach die Gelegenheit.“ Es habe schon häufiger in der langen Zeit bei Werder Anfragen anderer Clubs gegeben, aber „dieses Mal war ich bereit. Das ist auch eine Sache des Gefühls. Die Zeichen stehen auf Veränderung“. In Wolfsburg soll Allofs einen Vertrag bis 2016 erhalten und am Donnerstag vorgestellt werden.

Mit Allofs' Weggang endet in Bremen eine Phase von seltener Kontinuität. Der Manager arbeitete seit Oktober 1999 bei Werder in verantwortlichen Positionen, zunächst als Vorstandsmitglied, zuletzt als Vorsitzender der Geschäftsführung.

Lemke war von Allofs vor einer Woche über eine „Voranfrage“ aus Wolfsburg informiert worden. Nach langem Wirrwarr mit widersprüchlichen Aussagen ging es zuletzt ganz schnell. Am Dienstagmittag wurde der Chef des Werder-Aufsichtsrates über das nun offizielle Angebot „von Klaus in Kenntnis gesetzt“, berichtete Lemke: „In der Nacht wurde der Wechsel perfekt gemacht.“

Lemke rief seinem scheidenden Geschäftsführer und Sportdirektor pflichtbewusst einige warme Worte hinterher. „Wir verlieren ein Herzstück des Vereins“, sagte Lemke, „Klaus hat mehr als ein Jahrzehnt lang die Entwicklung von Werder entscheidend mitgeprägt und große sportliche Erfolge gefeiert. Für uns war es selbstverständlich, dass wir seiner Bitte nachgekommen sind, über diesen Wechsel zu verhandeln.“ Zudem bestätigte Lemke, nicht groß um Allofs gekämpft zu haben: „Ich habe keine Chance gesehen, ihn umzustimmen.“ Das Verhältnis zwischen den beiden Alpha-Tieren gilt trotz gegenteiliger Behauptungen als vergiftet.

Allofs selber hatte in der vergangenen Woche nicht immer ein gutes Bild abgegeben und mehrfach ein Angebot des VfL und Gespräche mit den Wolfsburgern dementiert. „Es gab noch kein offizielles Interesse“, erklärte Allofs nun zu seiner Rechtfertigung.

Jetzt wird Allofs beim VfL Wolfsburg Nachfolger des am 25. Oktober entlassenden Felix Magath als Geschäftsführer Sport. Der 55-Jährige soll unbestätigten Berichten zufolge sein Gehalt auf rund drei Millionen Euro pro Jahr verdoppelt haben und hat zudem bei Transfers mehr Geld als in Bremen zur Verfügung.

Dass Werder-Trainer Thomas Schaaf seinem langjährigen Kollegen zum VfL folgt, gilt als unwahrscheinlich. „Wir haben dort einen Trainer, der sehr gut ist“, sagte Allofs mit Verweis auf den Interimscoach Lorenz-Günther Köstner. Er schränkte jedoch ein: „Ich sage nicht leichtfertig, dass das für alle Zeiten ausgeschlossen ist, auch wenn das jetzt überhaupt nicht auf dem Programm steht.“

Werder benötigt nun einen neuen Sportchef und einen neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung; Allofs hatte die Jobs zuletzt in Personalunion ausgeübt. „Wir arbeiten ab sofort mit Hochdruck daran“, sagte Lemke: „Ich tendiere eher dazu, eine Zweier-Lösung zu machen.“ Schaaf soll in die Nachfolgersuche, die am Mittwoch mit einer Sitzung des Aufsichtsrates begann, „eng eingebunden“ werden. Der Coach wiederum bekommt zunächst Unterstützung durch den langjährigen Profi Frank Baumann, der derzeit für die Scouting-Abteilung arbeitet

Als Topkandidat für den Manager-Posten wird in Bremen neben Baumann auch Dietmar Beiersdorfer gehandelt. Doch der arbeitet derzeit als Sportdirektor beim russischen Fußball-Erstligisten Zenit St. Petersburg. „Dazu möchte ich mich nicht äußern“, antwortete Beiersdorfer am Mittwoch auf die Frage nach seinen Kontakten zu Werder.

Der Wechsel kostet die Wolfsburger mehrere Millionen. „Wir wollten eine viel bessere Lösung, und die haben wir nicht gekriegt“, erklärte Lemke zu den Verhandlungen: „Die Wolfsburger wollten nicht soviel ausgeben und sind auch unglücklich, weil sie mehr ausgeben mussten als sie wollten.“

Die Bremer Profis zeigten sich am Mittwoch wenig überrascht. „Wir konnten uns ja einige Tage darauf vorbereiten“, sagte Stürmer Nils Petersen: „Jetzt müssen wir damit umgehen.“ Mit Blick auf das Nordderby am 24. November sagte Torwart Sebastian Mielitz: „In zwei Wochen sehen wir uns schon wieder.“

Spieler und Offizielle des VfL Wolfsburg freuen sich indes auf den Wechsel. „Ich bin sehr glücklich“, kommentierte der brasilianische Mittelfeldspieler Diego: „Er ist einer der besten Manager Deutschlands.“ Der von Allofs ebenfalls nach Deutschland geholte Verteidiger Naldo sagte: „Es ist gut für uns alle, dass er kommt.“ Der Brasilianer fügte an: „Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach für ihn ist, weil er lange in Bremen war.“

Allofs zukünftiger Geschäftsführer-Kollege Thomas Röttgermann meinte: „Wir freuen uns, dass er nach Wolfsburg kommt. Er ist ein profilierter Manager, der uns weit nach vorne bringen wird.“ Neben Röttgermann gehört Wolfgang Hotze zur VfL-Geschäftsführung. Hotze fungiert auch als Sprecher des Gremiums.

Allofs erinnerte an die „außergewöhnliche Zeit“, die er in Bremen erlebt hat. „Ich krige noch heute Gänsehaut, wenn ich sehe, wie sich Werder entwickelt hat. Wir haben 2004 das Double geholt, wurden 2009 noch einmal Pokalsieger und haben in der Champions League gespielt - da sind Träume wahr geworden“, sagte Allofs. Doch um Werder brauche sich niemand sorgen zu machen. „Ich hinterlasse keinen Scherbenhaufen“, sagte Allofs. Allerdings musste er zuletzt auch einen Rekordverlust von 13,9 Millionen Euro bekannt geben. Zudem hatte die einstige „Spürnase der Liga“ bei Transfers zuletzt seinen Riecher verloren. In Bremen war Allofs deshalb nicht mehr unumstritten, weshalb Werder nicht wirklich Widerstand im Flirt mit Wolfsburg geleistet hat.

Vielleicht fällt der Empfang in Wolfsburg emotionaler aus als der Abschied in Bremen.

Mit Material von sid