Beim deutschen Tennis-Bund gibt es Probleme an allen Ecken und Kanten. DTB-Vize Steeb will die Nachwuchsarbeit modernisieren.

Hamburg. Die Vorschusslorbeeren waren groß, als vor fast genau einem Jahr das neue Präsidium des Deutschen Tennis Bundes (DTB) in Berlin gewählt wurde. Die alte Crew um den Münchner Anwalt Georg von Waldenfels wurde in die Wüste geschickt und ein neues Zeitalter verkündet. Doch die Bilanz von Präsident Karl-Georg Altenburg und seinen Mitstreitern sieht nach einem Jahr der Amtsgeschäfte eher düster aus: Die Probleme mehren sich – nicht nur in sportlicher Hinsicht.

Die Davis-Cup-Mannschaft hat nur knapp den Abstieg verhindert. Viel schlimmer aber wirkt sich aus, dass die Spieler zerstritten sind mit ihrem Teamchef und nun auch noch der Hauptsponsor den Geldhahn zudreht. Der bis Ende kommenden Jahres gültige Vertrag ist gekündigt. „Das ist ein Vorgang, über den wir alle nicht glücklich sind. Der DTB ist bemüht, die Unstimmigkeiten schnellstmöglich zu klären“, sagt Carl-Uwe Steeb im Interview mit „Spiegel Online“, das am Dienstag veröffentlicht wurde.

Der frühere Tennisprofi, der im DTB für den Leistungssport zuständig ist, kann vor allem mit seinen Spitzenspielern nicht zufrieden sein. Das Theater im Team, das sich schon vor einem halben Jahr beim World Team Cup in Düsseldorf offenbarte, ist noch immer nicht bereinigt. Damals wollten die Spieler Kapitän Patrik Kühnen nicht dabei haben, was vom Reglement her zwar okay war, aber eine Einmaligkeit darstellte.

Tennis-WM wieder ohne deutsche Spieler

Der Streit zwischen Kühnen und dem momentan besten deutschen Spieler Philipp Kohlschreiber (19. der Weltrangliste), der bei den US Open eskalierte und in der Ausbootung des Augsburgers für die Abstiegspartie gegen Australien gipfelte, schwelt weiter. Ein von Altenburg angemahntes Gespräch steht aus. Dieses soll nun offenbar in der nächsten Woche stattfinden.

Kohlschreiber und der als Nummer 28 der Tennis-Welt hinter Tommy Haas (21.) drittbeste Deutsche, Florian Mayer, scheiterten in Paris-Bercy gleich in der ersten Runde. Die ATP-Weltmeisterschaft startet am Montag wieder ohne deutsche Beteiligung. Von einem Grand-Slam-Sieg oder einem vierten Triumph im Davis Cup der nach Becker/Stich-Ära träumen die Verantwortlichen nicht einmal mehr - die stetig weniger werdenden Fans auch nicht. Vor diesem Hintergrund beschwört Charly Steeb die Nachwuchsarbeit, in der sich merklich seit seinem Amtsantritt wenig getan hat.

„Um Weltklassespieler hervorzubringen, sind wir derzeit nicht gut und nicht modern genug aufgestellt“, sagt der DTB-Vizepräsident selbstkritisch. Man mag ihm glauben, dass er die Strukturen im Verband entstauben will. Wenn die Misere beseitigt werden soll, so Steeb, „müssen wir die Kombination zwischen Schulausbildung und professionellem Training unserer Topkader verbessern“.

Viele ungelöste Fragen und ein Lichtblick

Dies soll und muss künftig ein beträchtlicher Aufgabenbereich für Kühnen sein, dessen auslaufender Vertrag bis dato aber nicht verlängert ist. Man sei nicht unter Zeitdruck, heißt es im DTB. „Es fehlt vor allem an Geld, damit unser Nachwuchs von geeigneten Trainern kontinuierlich betreut wird“, sagt Steeb und fordert: „Wenn ein 13-, 14-Jähriger hochbegabt ist, müssen wir ihm auch die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Unsere Jugendlichen kommen niemals auf die Trainingsumfänge, die international üblich sind.“

Nur gut, dass sich Steeb nicht auch noch um die Frauen sorgen muss. Dort hat Barbara Rittner ihr Feld bestellt – und erhielt just einen neuen Vertrag für drei Jahre. In Angelique Kerber, Julia Görges, Sabine Lisicki und Andrea Petkovic hat sie ein Weltklasse-Quartett um sich, das allerdings auch nicht davor gefeit war, im Fed Cup in die Zweite Liga abzusteigen. Bei der WTA-WM war Kerber als erste Deutsche seit Anke Huber vor elf Jahren dabei und zeigte eine ordentliche Leistung. Auch wenn sie sich nach der Vorrunde und drei Niederlagen verabschieden musste, ein Lichtblick im deutschen Tennis.