Hamburgs neues Beachvolleyball-Duo Laura Ludwig und Kira Walkenhorst über Partnerschaftsprobleme, Anforderungsprofile und ihr sportliches Ziel: Olympia 2016

Hamburg. Am Donnerstag trainierten sie im BeachCenter des Hamburger Olympiastützpunkts das erste Mal gemeinsam. Es ist der Anfang einer neuen Karriere. Die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig, 26, und Kira Walkenhorst, 21, wollen 2016 in Rio de Janeiro um eine Olympiamedaille aufschlagen. Das ist ihr erklärtes Ziel. Der Partnertausch wurde notwendig, weil Ludwigs langjährige Mitspielerin Sara Goller, 28, im September mit dem Leistungssport aufgehört hatte.

Goller/Ludwig waren das erfolgreichste deutsche Duo der vergangenen acht Jahre. Zweimal gewannen sie die Europameisterschaft, viermal die deutsche, bei Olympia belegten sie Platz neun (2008) und fünf (2012), siebenmal standen sie im Finale eines Weltserienturniers, gewannen indes keins. U23-Europameisterin Walkenhorst wurde im August mit der Hamburgerin Geeske Bank deutsche Vizemeisterin. Die Sportsoldatin gilt als das derzeit größte deutsche Beachtalent.

Ludwig/Walkenhorst haben noch keinen Verein, keine Sponsoren, keinen Trainer und keine Zusage des deutschen Volleyballverbands, dass sie künftig als Nationalteam auf Reisen gehen dürfen. Sie wissen bislang nur, dass sie wegen der optimalen Trainingsbedingungen in Hamburg wohnen wollen. "Alles andere wird sich ergeben. Da bin ich ganz entspannt. Die ersten großen Turniere stehen frühestens Ende April an", sagt Ludwig und bestellt für sich im Café am Alten Teichweg einen doppelten Espresso und für ihre Mitstreiterin einen Latte macchiato. Den angebotenen Zucker und Süßstoff muss die Bedienung wieder mitnehmen.

Hamburger Abendblatt: Frau Ludwig, Frau Walkenhorst, ahnen Sie bereits, was dieser Partnerwechsel demnächst in Ihrem Leben verändern wird?

Laura Ludwig: Nicht viel! Vorher stand eine Blonde mit langen Haaren an meiner Seite, jetzt ist es jemand mit kurzen schwarzen Haaren (lacht). Alles andere ergibt sich. Kira wird mich kennenlernen, das ist natürlich keine Drohung, und ich sie. Wir müssen nicht von heute auf morgen erfolgreich sein, wir wollen es spätestens in vier Jahren in Rio sein.

Kira Walkenhorst: Für mich beginnt schon ein neuer Lebensabschnitt. Ich werde härter und öfter trainieren müssen, ich werde mich an ein neues, weit professionelleres Umfeld in einer fremden Stadt gewöhnen müssen. Und ich muss den höheren Erfolgsdruck aushalten, der auf mich zukommen wird.

Ludwig: Ich bin doch eine ganz Liebe. Ich mache dir keinen Druck.

Walkenhorst: Ich mir aber.

Sie soll den Ball am Netz gut blocken können, ambitioniert, motiviert, jung und groß sein und eine sportliche Perspektive haben. Das war Laura Ludwigs Anforderungsprofil an ihre neue Partnerin. Erfüllen Sie das?

Walkenhorst: Ich denke schon, sonst säße ich wohl nicht hier. Zumindest bin ich viereinhalb Jahre jünger und drei Zentimeter größer als Laura. Das muss für den Anfang reichen.

Mussten Sie lange überlegen, um ihr Angebot anzunehmen?

Walkenhorst: Im Sommer hatte ich erste Gerüchte gehört, dass ich Lauras neue Partnerin werden solle. Da war ich schon ein bisschen aufgeregt und hoffnungsfroh gestimmt. Dann passierte lange Zeit nichts, und ich habe versucht, dieses Thema für mich auszublenden. Schließlich, endlich!, hat mich Laura Anfang September angerufen. Ich habe sofort Ja gesagt. Die Chance, mit einer solchen Weltklassespielerin zusammenarbeiten zu dürfen, lässt man sich natürlich nicht entgehen.

Ludwig: Das war schon eine bizarre Situation. Überall war im Sommer in der Beachszene zu hören, dass ich auf der Suche nach einer neuen Mitspielerin sei - was in dieser definitiven Form nicht stimmte. Das hat genervt und Sara und mich auch belastet, denn zu diesem Zeitpunkt war längst nicht klar, dass Sara am Saisonende aufhören würde. Dass sie darüber nachdachte, wusste ich. Ihre endgültige Entscheidung ist jedoch erst im September gefallen.

Sie scheinen aber nicht unglücklich über die Trennung zu sein, denn zuletzt war bei Ihnen beiden eine sportliche Weiterentwicklung nicht mehr zu erkennen.

Ludwig: Das ist nur bedingt richtig. Bis 2010 ging es jedenfalls jedes Jahr voran. Dann mag der nächste Entwicklungsschritt nicht gekommen sein, auf den wir beide gehofft hatten. Wir hatten aber insgesamt eine sehr erfolgreiche gemeinsame Zeit.

Partnerschaften im Beachvolleyball sind großen Belastungen ausgesetzt, weil Sie über Jahre hinweg bedingungslos aufeinander angewiesen sind. Viele Paare reden nach ein paar Jahren kaum noch miteinander. Bei den Hamburger Olympiadritten von 2000, Jörg Ahmann und Axel Hager, lief die Kommunikation am Ende fast nur noch über ihren Trainer. Wie war das bei Ihnen und Sara Goller?

Ludwig: Natürlich hatten wir Höhen und Tiefen in unserer Beziehung. Das bleibt, wenn Sie 280 Tage im Jahr zwangsweise aufeinanderhocken, vor allem dann nicht aus, wenn du mehrere Spiele in Folge verlierst und keine überzeugende Erklärung dafür findest. In solchen Situationen sind der Trainer und der Teamchef gefordert. Craig Seuseu und Olaf Kortmann haben in diesen Momenten meistens die richtigen Worte gefunden. Aber dass man nicht mehr miteinander redet und dennoch weiter zusammenspielt, das ist wohl nur bei Männern möglich. Für mich wäre das unvorstellbar. Ich brauche Kommunikation. Sara und ich hatten, als wir uns 2004 zusammentaten, fest verabredet, bis 2012 zusammenzubleiben. Danach wollten wir alles überprüfen und neu nachdenken. Sie hat dann die Entscheidung getroffen, aufzuhören. Die Frage, ob ich mich ansonsten von ihr getrennt hätte oder sie sich von mir, hat sich deshalb nicht gestellt. Zum Glück. Es wäre mir sicherlich nicht leichtgefallen, dafür verstanden wir uns immer noch zu gut. Mit Kira sehe ich jetzt die Chance, auf den Erfahrungen aufzubauen und mögliche Fehler zu korrigieren.

Bei Ihrem Anforderungsprofil an Ihre neue Partnerin fällt auf, dass soziale Kriterien nicht vorkommen. Muss nicht auch die persönliche Chemie stimmen?

Ludwig: Sie sollte stimmen. Aber das erste Kriterium muss sein, mit welchem Partner ist der größtmögliche Erfolg am wahrscheinlichsten. Das klingt jetzt etwas unromantisch, doch wir betreiben bei allem Spaß, den wir hoffentlich haben werden, auch eine geschäftliche Beziehung. Und die Grundlage dieser sind nun mal die sportlichen Fähigkeiten.

Sie haben sich also nicht mal vorher getroffen und beschnuppert, ob das menschlich mit Ihnen beiden passt.

Walkenhorst: Nein. Ich erwarte da aber keine Probleme, denn es gibt ja diesen Grundkonsens: Wir wollen beide so viel Erfolg wie möglich. Wir werden jetzt gemeinsam trainieren, dabei wird es auch Stress geben, und der Umgang mit diesen Situationen wird aufschlussreicher sein als jedes gut gemeinte Gespräch. Wir sind uns ja nicht fremd. Laura war zwar eine Konkurrentin, aber ich habe sie immer als jemanden wahrgenommen, der geradeaus ist, einen lockeren Spruch draufhat und gute Laune verbreitet. Mein erster Eindruck ist, dass wir uns gut verstehen werden.

Ludwig: Ich bin eigentlich ganz umgänglich - und eine treue Seele. Neun Jahre mit ein und derselben Frau!

Haben Sie schon Ihre Ziele definiert?

Ludwig: Noch haben wir nicht einmal einen Trainer. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, werden wir darüber gemeinsam nachdenken. Das erste Jahr ist zum Lernen.

Walkenhorst: Ich will mich so schnell wie möglich auf das Niveau von Laura hocharbeiten. Ich hoffe, Laura bringt die nötige Geduld auf.

Ludwig: Keine Sorge, ich habe noch ein bisschen Erspartes.

Sara Goller sagte man nach, dass sie vor entscheidenden Spielen oft übernervös war. Frau Walkenhorst, bringen Sie die nötige Nervenkraft für große Siege auf?

Walkenhorst: Ich hoffe.

Ludwig: Das erwarte ich. Nun mal nicht so bescheiden: Du hast doch auch schon Turniere gewonnen, bist U23-Europameisterin, und was noch alles.

Walkenhorst: Bei den deutschen Meisterschaften Ende August in Timmendorf habe ich, nachdem wir überraschend das Finale erreicht haben, vor Freude wie ein Schlosshund geweint. Im anschließenden Endspiel, das wir am Ende verloren haben, war ich aber gleich voll bei der Sache - nachdem meine Partnerin Geeske Banck den ersten Fehler zum 0:1 gemacht hatte.

Ludwig: Da hast du gedacht, schlechter mach ich es auch nicht.

Walkenhorst: Du kennst mich eben!

Ein Ziel haben Sie schon: Olympia 2016. In Rio werden Sie Heimvorteil haben.

Ludwig: Wegen meines brasilianischen Freundes Pedro Solberg, der dann die Massen für uns mobilisiert? In der Tat bin ich in meinem vergangenen Urlaub in Rio in einem großen Einkaufszentrum erkannt und angesprochen worden. Da war selbst ich baff.

Und was redet man dann so?

Ludwig: Das war ein junger Mann, der fragte: "Du bist doch die Laura?" Und dann erzählte er mir, dass er, hört, hört!, meine Frisur so schick findet und seiner Freundin empfohlen habe, die Haare genauso zu tragen. Die hat sich leider geweigert. Schade, ich wäre so gern ein Exportschlager geworden.

Sprechen Sie schon Portugiesisch?

Ludwig: Ein paar Brocken. Ich habe gerade mit einem Kursus angefangen.

Können wir eine Kostprobe hören?

Ludwig: Meu nome é Laura, tenho 26 anos, sou de Berlin e agora vivo em Hamburgo. Und: Was heißt das, Kira?

Walkenhorst: Ich denke mal: Ich heiße Laura, bin 26 Jahre alt, komme aus Berlin und wohne jetzt in Hamburg.

Ludwig: Perfekt! Wir verstehen uns! Das wird eine Traumbeziehung.