Tennisprofi Tommy Haas über den Rothenbaum, Daviscup-Zwist und sein Olympia-Aus

Hamburg. Am Ende dieser Woche kehrt Tommy Haas, 34, nach sieben Jahren nach Hamburg zurück, in seine Geburtsstadt, die er mit zwölf Jahren verließ, um Tenniskarriere zu machen. Jetzt neigt sich seine Laufbahn dem Ende zu, "aber ich werde so lange spielen, solange ich Spaß habe, Erfolge feiern kann und gesund bin". Bei den German Open am Rothenbaum (14.-22. Juli) will der 52. der Weltrangliste seinen Fans noch einmal sein großes Schlagrepertoire demonstrieren. Beim ATP-Turnier in Stuttgart gewann Haas gestern Abend gegen den russischen Qualifikanten Igor Andrejew mit 4:6, 6:2, 6:2.

Hamburger Abendblatt:

Herr Haas, wie geht es Ihnen?

Tommy Haas:

Grundsätzlich gut, ein paar Zipperlein hat man in meinem Alter schon, vor allem nach meiner Krankengeschichte.

Ihre Verlobte Sara Foster sagte, Sie hätten den Körper eines 25-Jährigen.

Haas:

Sie muss es ja wissen. Ich habe nach meinen zahlreichen Verletzungen und Operationen sehr hart gearbeitet, um wieder fit zu werden. Das ist mir gelungen. Ich fühle mich im Augenblick so gut wie schon lange nicht mehr.

Das zeigen auch Ihre Erfolge, zuletzt der Turniersieg in Halle. Wollen Sie wirklich am Ende des Jahres aufhören?

Haas:

Das habe ich nie gesagt. Ich will so lange weiterspielen, solange ich Erfolg habe und gesund bleibe. Ich habe immer noch tierischen Spaß daran, diese gelbe Filzkugel übers Netz zu schlagen. Und solange sich daran nichts ändert, werde ich weitermachen und weiter hart trainieren. Mein Traum ist es, dass mich meine Tochter noch einmal bei einem großen Turnier spielen sieht.

Am Ende der Woche kehren Sie nach Hamburg zurück. Ist das noch ein besonderer Moment für Sie?

Haas:

Na klar. Hamburg ist meine Geburtsstadt, eine der schönsten Städte der Welt. Und ich kenne inzwischen ja sehr viele. Mir gefällt die Mentalität, diese Weltoffenheit, die Alster, die Elbe, das viele Grün. In Hamburg habe ich beim THC Horn Hamm angefangen, Tennis zu spielen. Ich freue mich darauf, meiner Verlobten endlich diese Stadt zeigen zu können, meine Lieblingsrestaurants, die Plätze, an denen ich aufgewachsen und zur Schule gegangen bin. Meine Eltern haben hier ja auch lange gelebt. Sie werden uns nach Hamburg begleiten. Das wird hoffentlich eine tolle Zeit.

Der Zustand des Turniers am Rothenbaum muss Sie aber traurig stimmen.

Haas:

Die German Open sind weiter ein hervorragendes, perfekt organisiertes Turnier mit einem großartigen Publikum, von der Kategorie "weiter das Beste in Deutschland", auch wenn es kein Masters mehr ist. Natürlich sind in der Vergangenheit Fehler gemacht worden, schauen Sie sich nur das mobile Dach an, wie viel irritierenden Schatten das auf den Centre-Court wirft. Das hat man anderswo besser gemacht. Aber es war auch viel internationale Tennispolitik im Spiel, dass der Rothenbaum abgestuft worden ist. Ein Grundproblem sehe ich darin, dass auf dem Gelände die Fläche fehlt, um ein gemeinsames Herren- und Damenturnier auszurichten. Das scheint mit die Zukunft zu sein, viele andere Standorte versuchen diese Kombination. Aber wenn ich höre, dass auf dem Centre-Court demnächst ein Hockeyplatz gebaut werden soll, halte ich das für eine Katastrophe. Der Rothenbaum hat so eine lange Tradition, die darf man nicht einfach aufgeben.

Von Tradition kann man sich heute nichts mehr kaufen.

Haas:

Nach Hamburg gehört ein großes Tennisturnier. Der Termin im Mai war ungünstig, weil es da meistens kalt und nass war. Jetzt im Juli, kurz vor Beginn der Hartplatzsaison in Amerika, ist es für die Spitzenspieler nicht gerade attraktiv, noch einmal auf Sand spielen zu müssen. Entsprechend wenige lassen sich auch am Rothenbaum blicken.

Was schlagen Sie vor?

Haas:

Warum gibt es in Deutschland eigentlich kein großes Hallenturnier mehr? Die deutschen Spieler sind auf Rasen, auf Hartplätzen und in der Halle am erfolgreichsten. Das macht zum Beispiel mit den Erfolg des Rasenturniers in Halle aus, übrigens eine der schönsten Veranstaltungen auf der Tour. Ein Hallenturnier wäre perfekt. Und Hamburg hat ja auch eine große Arena am Volkspark.

Sind die Unstimmigkeiten mit den Daviscup-Teamkollegen ausgeräumt? Beim verlorenen Erstrundenmatch gegen Argentinien hatten Sie Philipp Kohlschreiber hart kritisiert, weil er nicht angetreten ist.

Haas:

Das ist alles geklärt. Für mich war es immer selbstverständlich, dass ich, wenn ich fit bin, für Deutschland spiele. Deshalb hatte ich Kohlis Absage nicht verstanden. Inzwischen kenne ich jedoch die Hintergründe.

Haben Sie denn überhaupt noch Lust, für den Verband zu spielen, nachdem Sie nicht für Olympia nominiert worden sind?

Haas:

Der Deutsche Tennis Bund (DTB) hat sich ja stark für mich eingesetzt, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat dagegen entschieden, für mich keine Wildcard bei der Internationalen Tennisföderation zu beantragen. Dafür fehlt mir jedes Verständnis. Ich halte das für einen Skandal, eine Schande. Ich habe doch bei meinem Comeback gezeigt, dass ich noch in der Lage bin, mit den Besten der Welt mitzuhalten. Und so groß ist die deutsche Olympiamannschaft in London nun auch wieder nicht, dass da nicht noch ein Bett frei gewesen wäre.

Haben Sie Roger Federer schon zum siebten Wimbledon-Titel gratuliert?

Haas:

Ich habe ihm eine Glückwunsch-SMS geschickt. Roger ist ein guter Freund, ein großartiger Mensch und Sportler, ich habe seine Matches in Wimbledon mit durchlitten. Nach dem Turnier in Halle haben wir mit unseren Familien noch abends beim Essen zusammengesessen. Das macht nicht jeder, der gerade das Endspiel eines Turniers gegen sein Gegenüber verloren hat.