Matthias Sammer wird heute als Sportdirektor des FC Bayern München vorgestellt. Er tritt damit die Nachfolge des entlassenen Christian Neringer an. Beim DFB war der streitbare Sammer selten unumstritten.

München. Vom nationalen Fußballverband zum Branchenprimus: Der Wechsel von Sportdirektor Matthias Sammer vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zum FC Bayern München ist ohne Frage ein Paukenschlag unmittelbar nach dem Ende der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Noch am Sonntag war Sammer als Kronzeuge des DFB in der Sendung „Doppelpass“ beim TV-Sender Sport1 zitiert worden. Der 45-Jährige hatte im Juli 2011 auf einer Fußball-Lehrertagung in Hennef eine Grundsatzrede gehalten und an die deutschen Tugenden im Fußball appelliert.

"Mode ist vergänglich, Tradition bleibt“, sagte er und fügte mahnend an: „Die Jungs, die jetzt gelobt werden, haben noch nichts erreicht.“ Seinerzeit wurde er belächelt, das Bild des ewig unzufriedenen „Motzkis“ ging wieder durch die Gazetten, der den schönen Fußball der Nationalelf in Abrede stellte und wieder grätschen und rennen lassen wollte. Ganz so, wie er es früher selbst tat. Nach dem Scheitern der Nationalelf im EM-Habfinale gegen Italien klingen seine Worte jedoch umso deutlicher nach.

Nun also München. Die Entscheidung mag im Zeitpunkt überraschen, inhaltlich ist sie jedoch mehr als nachvollziehbar. Beim DFB hatte der als streitbar geltende Sammer nicht nur Freunde, und das den vielen nachweisbaren Erfolgen in den Nachwuchs-Nationalmannschaften der vergangenen Jahre zum Trotz. Dass Bundestrainer Joachim Löw bei der Europameisterschaft den gleichermaßen jüngsten wie talentiertesten Kader der DFB-Geschichte zur Verfügung hatte, ist auch das Verdienst Sammers. Er hatte die Nachwuchsausbildung im größten Sportverband der Welt vom Kopf auf die Füße gestellt.

Verhältnis zu Löw "professionell“

Seine Penetranz, immer wieder den Finger in vermeintlich offene Wunden des deutschen Fußballs zu legen, kam dennoch nicht überall gut an. Das Verhältnis zu Löw wurde stets als „professionell“ bezeichnet. Eine höfliche Umschreibung im Fußball dafür, dass da zwei keine Freunde mehr werden. Den letzten Machtkampf hatte Löw für sich entschieden, als ihm die Hoheit über die U21-Nationalmannschaft zugeteilt und Sammer entzogen wurde. Doch der gebürtige Dresdner war stets klug genug, zu wissen, dass er einen offenen Konflikt mit dem beliebten Löw nicht riskieren wollte und konnte.

Mitarbeiter beschreiben Sammer als dickköpfig, mitunter aufbrausend, aber stets zuverlässig und ehrlich. Er sprudele vor Ideen und verfolge diese hartnäckig. Es sind wohl diese Eigenschaften, die den FC Bayern überzeugt haben, nach zwei titellosen Jahren unter Christian Nerlinger einen Neuanfang zu gehen - mit jenem Sammer, mit dem sich der Ligakonkurrent Hamburger SV vor knapp anderthalb Jahren schon einig war. Doch im sprichwörtlich allerletzten Moment zog Sammer sein Ja-Wort zurück, der HSV stand ohne Sportdirektor und reichlich ramponiert da. Nur wenig Kritik prasselte seinerzeit auf Sammer ein, der „familiäre Gründe“ für seine Entscheidung gegen den Traditionsklub aus der Hansestadt geltend gemacht hatte.

Diese familiären Gründe dürften nun beim Wechsel zum FC Bayern eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Familie Sammer wohnt in Grünwald, einem der teuersten und schönsten Stadtteile Münchens. Fahrtzeit zur Geschäftsstelle der Bayern an der Säbener Straße: knapp zehn Minuten.