Ballack nach Bayers 1:3-Niederlage in Valencia: “Passiert im Fußball“. Alles wieder offen in Gruppe E. Nächster Gegner ist der FC Chelsea.

Valencia. Michael Ballack und Ehrengast Klaus Toppmöller plauderten noch bis weit nach Mitternacht auf dem Bankett im noblen Mannschaftshotel Las Arenas miteinander. Die beiden Protagonisten aus der sensationellen Champions-League-Saison von Bayer Leverkusen vor zehn Jahren hatten sich bei ihrem Wiedersehen viel zu erzählen. Ballacks 16 Jahre jüngerer Teamkollege Bernd Leno war freilich nicht so gesprächig. Der Torhüter hatte sich zu dieser Zeit schon als einer der ersten Spieler auf sein Zimmer verzogen.

Leno war sichtlich bedient nach der 1:3 (1:1)-Niederlage der Werkself beim FC Valencia, ungewollt hatte er mit einem Blackout dem Spanier Jonas zum zweitschnellsten Tor in der Champions-League-Geschichte verholfen. „Es macht ihm keiner einen Vorwurf. So etwas passiert im Fußball. Er hat uns in den letzten Wochen sehr oft im Spiel gehalten“, sagte Ballack und setzte sich beim Abendessen fast schon demonstrativ neben die tragische Figur des Spiels.

Zur Besserung der Laune Lenos konnte Ballack, der nach seinem Nasenbeinbruch mit einer Spezialmaske gespielt hatte, aber auch nicht beitragen. Das war an diesem so schwarzen Abend ohnehin schwer möglich. „Ich bin enttäuscht. Das darf nicht passieren. Da gibt es keine Ausreden“, sagte der frühere Junioren-Nationaltorhüter. Kurz nach dem Anpfiff spielte Leno den Ball dem Gegenspieler Jonas in die Füße, der diesen postwendend und exakt 10,5 Sekunden nach dem Anpfiff ins Tor beförderte. Schneller hatte in gut 19 Jahren Königsklasse nur der frühere Bayern-Stürmer Roy Makaay am 7. März 2007 beim 2:1 gegen Real Madrid getroffen (10,2 Sekunden).

Dutt kündigte an, dass er präventiv Aufbauarbeit leisten werde. Gleichwohl glaubt der Coach nicht, dass der Fauxpas seinem Torhüter einen „allzugroßen Knacks versetzen wird“. Doch ausgerechnet Leno, die Zuverlässigkeit in Person patzte im so wichtigen Spiel, mit dem der vorzeitige Achtelfinal-Einzug hätte erreicht werden können. Stattdessen ist nun wieder alles offen in der Leverkusener Gruppe E. Einen Punkt liegt Bayer nur noch vor Valencia und nun kommt es zum schweren Spiel gegen Spitzenreiter FC Chelsea.

„Wenn wir uns durchsetzen wollen, dann müssen wir gegen Chelsea punkten. Das ist machbar. Wir haben auch in London 60 Minuten mitgehalten“, sagte Ballack mit Blick auf das Duell gegen seinen Ex-Klub in drei Wochen. Bezeichnend sei das Spiel in Valencia für die derzeitige Situation bei Bayer gewesen. „Selbst die regulären Tore werden nicht gegeben“, monierte Ballack mit Blick auf das wegen Abseitsstellung fälschlicherweise aberkannte Tor von Andre Schürrle in der 70. Minute.

„Wenn man sieht, wie klar das Tor war, ist man sauer“, sagte Ballack und Dutt sprach von einer „krassen Fehlentscheidung“ des schwedischen Unparteiischen Jonas Eriksson und seinen Linienrichtern. Nicht einmal mithilfe der 16-er-Linie habe er das gesehen. Die umstrittene Szene hätte das 2:2 bedeutet, kurz nachdem Roberto Soldado für die erneute Valencia-Führung gesorgt hatte (65.). Stattdessen machte Adil Rami vor 37.047 Zuschauern im Estadio Mestalla alles klar (75.). In der ersten Halbzeit war es noch Stefan Kießling, der das Jonas-Blitztor ausgeglichen und das Leverkusener Aufbäumen nach dem Schock zu Spielbeginn belohnt hatte.

So fuhr Bayer mit leeren Händen, aber trotzdem mit gesteigertem Selbstbewusstsein nach Hause. „Da waren viele Dinge dabei, die mich optimistisch stimmen“, sagte Dutt. Bis Weihnachten müsse man aber hart arbeiten um dauerhaft konstant gute Leistungen abzurufen. Das wacklige Bayer-Gefüge steht bereits am Samstag wieder auf dem Prüfstand, wenn der Hamburger SV zu Gast ist. „Da gilt es, die Leistung noch einmal umzusetzen und mit drei Punkten Anschluss nach oben zu halten“, sagte Bayers Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und rief mahnend in Erinnerung, dass nach der unglücklichen Niederlage gegen Chelsea im September eine 1:4-Pleite gegen den rheinischen Rivalen 1. FC Köln gefolgt war.

Die Statistik

Valencia: Alves - Miguel, Rami, Ruiz, Mathieu - Mehmet Topal, Banega (24. Costa) - Hernandez, Jonas (74. Alba), Feghouli (59. Piatti) - Soldado. - Trainer: Emery

Leverkusen: Leno - Castro, Manuel Friedrich, Toprak, Kadlec - Lars Bender (79. Reinartz), Rolfes - Sam (84. Jörgensen), Ballack, Schürrle - Kießling (77. Derdiyok). - Trainer: Dutt

Schiedsrichter: Jonas Eriksson (Schweden)

Tore: 1:0 Jonas (1.), 1:1 Kießling (31.), 2:1 Soldado (65.), 3:1 Rami (75.)

Zuschauer: 40.000

Beste Spieler: Jonas, Soldado - Ballack, Schürrle

Gelbe Karten: Costa, Mathieu - Ballack, Toprak (2), Sam

Torschüsse: 10:6

Ecken: 2:7

Ballbesitz: 54:46 Prozent

Fouls: 17:15