An diesem Donnerstag trifft sich das neu formierte Exekutivkomitee. Chef Blatter muss dann als Reformer auftreten, um die Fifa zu retten.

Zürich. Die schlimmste Krise der Verbandsgeschichte hat den Fifa-Boss in die Offensive gezwungen. Wenn an diesem Donnerstag erstmals seit dem Kongress und der Wiederwahl von Fifa-Präsident Joseph Blatter das skandalumwitterte Exekutivkomitee im schmucken Home of Fifa hoch über Zürich zusammenkommt, ist nicht weniger als ein Befreiungsschlag des 75 Jahren alten Schweizers gefordert. Die Fußball-Welt drängt auf eine Revolution im korruptionsgeplagten Weltverband (Fifa).

„Ich habe eine wilde Entschlossenheit bei der Fifa gespürt, etwas zu verändern. Ich bin sehr optimistisch. Ich habe das Gefühl, Herr Blatter meint es ernst. Ich glaube, er hat verstanden, entweder wir machen wirklich etwas oder die Fifa ist auf Monate hinaus unter Beschuss“, sagte Sylvia Schenk, Vorstandsmitglied von Transparency International. Sie habe drei persönliche Treffen mit Blatter gehabt, und ihre Organisation sei in die Aufklärungsarbeit eingebunden gewesen.

Nach Informationen der BBC soll es zumindest in einer Sache eine spektakuläre Kehrtwende geben. Blatter soll nach Informationen des britischen Senders nach jahrelanger Weigerung nun doch bereit sein, Einblick in die Gerichtsakten in der ISL-Affäre zu gewähren – was prominente Funktionäre und Blatter-Begleiter zu Fall bringen könnte. „Ich hoffe sehr stark, dass das einer der Punkte sein wird. Das wäre ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung“, meinte Schenk.

Warner wirft Fifa-Boss Blatter versuchte Bestechung vor

2008 waren während des Strafprozesses gegen die Vermarktungsagentur ISL Zahlungen an Funktionäre der Fifa, des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und anderer Verbände in Höhe von 138 Millionen Franken publik geworden. Diese Zahlungen sollen zwischen 1989 und 2001 über dubiose Kanäle geflossen sein. Damit hatte sich die ISL offenbar lukrative Marketingrechte gesichert. Eine völlige Aufklärung gab es nie. Das Strafgericht Zug stellte das Verfahren im Juni 2008 ein, nachdem die Begünstigten 5,5 Millionen Schweizer Franken an die Fifa zurückgezahlt hatten.

Für diesen Deal blieben die Sünder anonym und der Weltverband war fein raus. Bei den Beschuldigten soll es sich um Ricardo Texeira (Brasilien), Nicolás Leoz (Paraguay), Präsident des Südamerikanischen Fußball-Verbandes, und den afrikanischen Verbandsboss Issa Hayatou (Kamerun) handeln. Alle bestreiten die Vorwürfe. Bislang blockte die Fifa sämtliche Anfragen nach Einblick in die Akten ab. Wenn Blatter seine Exekutive von dem Schritt überzeugt, wäre das ein echter Coup.

Blatter wird sich am Donnerstag zunächst mit seiner Regierung um den DFB-Präsidenten Theo Zwanziger beraten und am Freitag der Öffentlichkeit stellen. Die Erwartungen sind enorm. Mit Lippenbekenntnissen kann sich der Fifa-Chef nicht (mehr) aus der Verantwortung stehlen. Als er am 1. Juni im Amt bestätigt wurde, hatte Blatter weitreichende Reformen versprochen, um seinen taumelnden Verband vor dem Untergang zu bewahren.

Dafür braucht er ein starkes und vor allem sauberes und glaubwürdiges Exekutivkomitee, in dem Zwanziger als Nachfolger von Franz Beckenbauer sein Debüt gibt. Der Deutsche Fußball-Bund hat sich schon früh zu Blatter bekannt und dafür reichlich Prügel einstecken müssen – nicht nur vom FC Bayern und den Herren Hoeneß und Rummenigge. Zwanziger soll auch bei der Aufarbeitung der Vergangenheit und dem Auseinandernehmen des Ladens für die Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen, verlautete in diesen Tagen aus der Fifa-Zentrale.

Der Verband hat mit den internen Aufräumarbeiten mittlerweile begonnen. Zwielichtige Funktionäre wie Chuck Blazer, Jack Warner oder Mohamed bin Hammam gehören der Fifa-Vergangenheit an. Der von Warner erneut angekündigte Tsunami lässt weiter auf sich warten. Jetzt muss Blatter Ernst machen. (dpa)