Lockout bleibt bestehen – Ultimatum im Tarifstreit ist abgelaufen. Weil keine Einigung erzielt wurde, ist der Saisonstart bereits abgesagt.

New York/Boston. Für Basketball-Superstar Dirk Nowitzki und seine NBA-Kollegen geht die ungewollte Zwangspause weiter. Sogar eine komplette Absage der kommenden Saison in der besten Basketball-Liga der Welt ist nicht länger auszuschließen. Nach siebenstündigen Verhandlungen gab es in New York beim bislang letzten Versuch, im Tarifstreit zu einer Einigung zu kommen, keine Lösung.

„Die Lücke zwischen beiden Seiten ist so groß, dass wir sie im Moment einfach nicht überbrücken können“, sagte NBA-Commissioner David Stern: „Wir haben mit Sicherheit gehofft, dass es nie soweit kommen würde.“ Ursprünglich sollte die Saison am 1. November beginnen, doch Stern hatte die ersten beiden Wochen abgesagt.

Der Saisonauftakt steht in den Sternen, und die Lage ist ersten. „Mit jedem Tag, der vergeht, müssen wir uns mit dem, was von der Saison übrigbleibt, auseinandersetzen“, sagte Stern. Betroffen vom Ausfall des Saisonstarts sind zunächst 100 NBA-Spiele, die vom 1. bis 14. November angesetzt waren. Weitere Streichungen im Spielkalender sind denkbar. Auch das Auftaktspiel von Champion Dallas Mavericks mit Nowitzki gegen die Chicago Bulls ist geplatzt.

Wann es zu neuen Gesprächen zwischen der Spielergewerkschaft NBPA und Vertretern der Klubbesitzer kommt, ist offen. In New York gingen die streitenden Parteien ohne neue Terminvereinbarung auseinander. Nach wie vor droht damit auch die komplette Absage der NBA-Saison. Spielergewerkschafts-Präsident Derek Fisher sagte: „Dies ist nicht der Stand, wo wir sein wollen. Wir sind nicht in einer Position, in der ein fairer Deal mit der NBA erreicht werden kann.“ Wie weit Akteure und Klubbesitzer auseinander sind, belegt auch Sterns Kommentar: „Wir sind bei praktisch allen Fragen sehr weit auseinander. Wir haben einen ganzen Golfstrom, der uns trennt.“

Durch die Absage des Saisonstarts verliert die NBA allein durch fehlende Ticket-Einnahmen bereits jetzt 83 Millionen Dollar (61 Millionen Euro). Die Streichung der ersten beiden NBA-Wochen ist der erste Arbeitsstop seit der Saison 1998/1999. Seinerzeit musste die Spielzeit auf 50 Partien pro Team reduziert werden. Das normale Pensum besteht aus 82 Saisonspielen und den anschließenden Playoffs.

Sollte der Spielbetrieb noch länger ruhen, drohen imense Verluste. Laut stellvertretendem Commissioner Adam Silver würde die Liga Hunderte Millionen Dollar verlieren, sollte die NBA-Saison 2011/2012 vollständig abgesagt werden. NBPA-Exekutivdirektor Billy Hunter erklärte, die Spieler büßten pro „Lockout-Monat“ 350 Millionen Dollar (258 Millionen Euro) ein.

„Es wäre töricht, die ganze Saison abzusagen, weil wir gerade die beste Spielzeit in der NBA-Geschichte erlebt haben“, sagte Hunter. „Und ich bin mir nicht sicher, ob sich die Liga in der derzeitigen Wirtschaftslage von einem langwierigen Lockout erholen würde.“

Beide Seiten hoben am Montag hervor, dass nicht die Gewinnverteilung die große Hürde gewesen sei. Vielmehr schieden sich die Geister an „Systemfragen“ wie etwa Vertragslaufzeiten von Spielern. (dapd/dpa)

Die Streitpunkte im Milliardenpoker:

Was ist der Hauptknackpunkt im Tarifstreit?

Da 22 der 30 Vereine nach Angaben von Liga-Chef David Stern in der vergangenen Saison zusammen insgesamt 300 Millionen Dollar Verlust gemacht haben, sollen die Spieler Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. Bislang erhielten die Profis 57 Prozent der Jahreseinnahmen von 4,3 Milliarden Dollar. Nun wollen sie sich mit 53 Prozent zufriedengeben, das letzte formelle Angebot der Teambesitzer waren 47 Prozent. Jeder Prozentpunkt ist rund 40 Millionen Dollar wert, somit sind die Parteien auf sechs Jahre gerechnet noch 1,44 Milliarden Dollar voneinander entfernt.

Wo knirscht es sonst noch?

Am Montag scheiterten die Verhandlungen bereits an „Systemfragen“: So lehnen die Profis eine fixe Gehaltsobergrenze ab. Bislang können die Clubs diesen sogenannten Salary Cap durch die Zahlung einer Luxussteuer umgehen. Zudem wollen die Vereine die maximalen Vertragslängen verkürzen.

Wie geht es jetzt weiter?

Wann die nächsten Gespräche stattfinden werden, ist komplett offen. Sollte es bis Ende Oktober keine Einigung geben, werden wahrscheinlich weitere zwei Wochen abgesagt werden. Die bislang für Anfang November geplanten 100 Spiele fallen fast sicher aus. NBA-Boss Stern bezeichnete es als „extrem schwierig“, sie im Laufe der Saison nachzuholen. Jeder Monat ohne Spielbetrieb bedeutet für die Liga einen Verlust an Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich.

Droht die komplette Saison auszufallen?

Die gesamte Absage wäre einmalig in der NBA-Geschichte. Auch weil alle Beteiligten zu viel zu verlieren haben, scheint der komplette Ausfall zum derzeitigen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich. Allerdings haben sich beide Seiten auf einen langen Lockout eingestellt. Die Besitzer drohen bereits seit zwei Jahren damit, den Spielbetrieb so lange ruhen zu lassen, bis eine für sie annehmbare Lösung gefunden ist. Aus diesem Grund wirft die Spielergewerkschaft den Clubs vor, dass die Spielabsagen ein von langer Hand geplanter Teil der Verhandlungsstrategie seien, um die Profis in ein schlechtes Licht zu rücken.