Rick Zabel gilt im Radsport als großes Talent, sein Vater Erik würde ihn aber laut eigener Aussage derzeit “auch mit einem Bein abhängen.“

Kopenhagen. Der Lateiner wird sich denken "Qualis pater, talis filius" - klingt ja auch irgendwie besser als "Wie der Vater, so der Sohn." Egal, ob auf lateinisch oder deutsch - bei Rick Zabel kommt man fast unweigerlich auf das Sprichwort.

Im grünen Trikot gekleidet hatte er einst als kleiner Junge auf den Schultern von Papa Erik einen Logenplatz bei der Siegerehrung der Tour de France auf den Champs Elysees. Nun klopft Rick Zabel selbst an der Tür zum Profi-Radsport an. „Der Bezug war durch meine Familie immer da. Das hat alles soviel Spaß gemacht. Die Faszination hat mich bis heute nicht mehr losgelassen“, erzählt der Zabel-Filius im Interview der Nachrichtenagentur dapd am Rande der Straßen-Weltmeisterschaften in Kopenhagen, wo er am Samstag sein Debüt in der Juniorenklasse geben wird.

17 Jahre jung ist Rick inzwischen, seinem Vater ist er quasi aus dem Gesicht geschnitten und auch sonst hat er viel abbekommen von dem nach Siegen erfolgreichsten deutschen Radsportler aller Zeiten. „Ich habe auf jeden Fall seinen Ehrgeiz geerbt. Sicher auch das Auge, das Verständnis für die Rennsituation, im Sprint das richtige Hinterrad zu nehmen“, beschreibt der Youngster. Nur Zeitfahren, das kann er nicht, aber das war auch nicht gerade die Stärke seines berühmten Vaters.

In diesem Jahr hat Zabel junior bereits beachtliche Erfolge eingefahren. So gewann er die Junioren-Rennen im Vorprogramm der deutschen Klassiker „Rund um Köln“ und „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“. Siege, die auch in der Radsport-Welt aufhorchen ließen. Die hochgelobte Talentschmiede des niederländischen Top-Rennstalls Rabobank klopfte an und Zabel musste nicht lange überlegen. Gemeinsam mit Ruben Zepuntke aus Düsseldorf unterschrieb er einen Vertrag beim Continental-Team.

„Ich setze alles auf die Karte Radsport. Ich würde es bereuen, wenn ich diesen Schritt nicht gegangen wäre“, sagt Zabel, der die Schule abgebrochen hat, „was meine Eltern nicht erfreut“. In den vergangenen vier Jahren war er in die Sportschule Erfurt gegangen. „Ohne diese Erfahrung wäre ich heute nicht der Fahrer, der ich bin“, berichtet das Nachwuchstalent.

Vater Erik ist jedenfalls stolz auf seinen Sprössling. „Er hat Talent und ist auf dem richtigen Weg. Er liebt Radsport, das ist am wichtigsten“, lobt der frühere Ausnahmesprinter, der bei der WM-Premiere seines Sohnes in der dänischen Hauptstadt selbstverständlich dabei ist. „Er hilft mir schon sehr. Er will sich zwar raushalten, aber wenn er wie hier bei der WM dabei ist, schaut er sich den Kurs an und gibt mir Tipps“, sagt Rick Zabel. So übernimmt der sechsmalige Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour der France nun in der dänischen Hauptstadt die Rolle des Navigators, so wie er es unzählige Male schon für den britischen Superstar Mark Cavendish gemacht hatte.

In Kopenhagen sind Vater und Sohn mal wieder vereint, was angesichts der schnelllebigen Radsport-Welt nicht so oft vorkommt. So genießt Rick auch jede Trainingsfahrt mit seinem Vater, wenn sie denn nicht gar so lang ist. „Er ist auf jeden Fall noch stärker als ich, der würde mich auch mit einem Bein abhängen. Er trainiert immer mehr, als er sagt. Wenn ich mit ihm fahre, kommt es auch mal vor, dass ich sage: 'Papa, ich fahr mal lieber hinter dir, sonst schaffe ich es nicht nach Hause.' Er drückt immer noch ordentlich auf die Tube.“

Das Leben als Sohn eines berühmten Vaters ist aber nicht immer leicht, wie der deutsche Junioren-Meister im Mannschaftszeitfahren zu berichten weiß. Dann nämlich, wenn er in der Siegerliste mal nicht vorne auftaucht. „Wenn ich im Rennen 110. werde, dann wird der 109. überlesen, aber bei mir heißt es gleich: 'Oh, der Zabel war aber nicht so gut'. Wenn ich allerdings ein Rennen gewinne, ist das Echo umso größer als bei anderen Fahrern“, sagt Rick Zabel und träumt von einem Etappensieg bei der Tour de France. Aber womöglich wird ja bereits am Samstag das erste Kapitel einer neuen Zabel-Erfolgsgeschichte. (dapd/abendblatt.de)