Nach der scheinbar unaufhaltsamen Talfahrt des VfB Stuttgart kursieren Gerüchte über Christoph Daum als Nachfolger von Christian Gross.

Stuttgart. Trotz des schlechtesten Saisonstarts des VfB Stuttgart steht Christian Gross bei den Vereinsverantwortlichen nicht zur Debatte. Sportdirektor Fredi Bobic bekannte sich auch nach der bitteren 1:2-Pleite gegen Eintracht Frankfurt klar zu dem Schweizer: „Ich will über den Trainer nicht diskutieren.“

Mit seinem Treueschwur kann der ehemalige Stürmer-Star die wilden Spekulationen aber nicht stoppen. Christoph Daum (zuletzt Istanbul) oder wahlweise Krassimir Balakow werden immer wieder als potenzielle Nachfolger des plötzlich glück- und erfolglosen Schweizers gehandelt. Selbst die Führungsetage scheint nicht mehr bedingungslos an einen Höhenflug des Tabellenletzten unter Gross zu glauben. „Da müssen Sie die fragen“, blaffte Bobic bissig, als er nach dem Rückhalt für den Coach durch Vorstand und Aufsichtsrat gefragt wurde.

Vor allem der selbstgefällige Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Hundt gilt seit langem als Befürworter Daums. Schon vor vier Jahren wollte der Arbeitgeberpräsident den Meistermacher von 1992 nach Stuttgart zurückholen, scheiterte aber am energischen Widerstand von Club-Chef Erwin Staudt. Ob Hundt in einem zweiten Machtkampf erneut unterliegen würde, erscheint eher zweifelhaft. Bei Balakow liegt der Fall anders: Der begnadete Ballkünstler bildete einst als Spielmacher mit dem Angriffsduo Bobic und Giovane Elber beim VfB das „magische Dreieck“. Als Profi prägte und bestimmte der Bulgare von 1995 bis 2003 maßgeblich den Stuttgarter Fußball. Danach arbeitete er noch zwei Jahre lang als Co-Trainer. Beim bulgarischen FC Tschernomorez Burgas bildeten Balakow als Chef-Coach und Bobic als Manager bis zu dessen Rückkehr zum VfB in dieser Saison erneut ein erfolgreiches Gespann. Bobic bestritt jedoch energisch, seinen alten Kumpel nach Stuttgart zurückholen zu wollen.

Gross ist diesem Geschehen relativ hilflos ausgesetzt. „Es ist jetzt wichtig, dass wir Ruhe bewahren“, sagte der 56-Jährige nach dem historischen Fehlstart. Nur in ihrer Abstiegssaison 1974/75 wiesen die Schwaben nach sieben Spieltagen ebenfalls nur einen Sieg bei sechs Niederlagen auf. Aber selbst damals lagen sie zu dem Zeitpunkt nicht viermal auf dem letzten Platz, wie dies nun der Fall ist. „Ich bin mir sicher, dass wir da unten wieder rauskommen“, sagte Gross. „Ich erreiche die Mannschaft weiterhin, das spüre ich.“

Er setzt auf das Comeback eines verletzten bzw. gesperrten Quintetts. Gegen Frankfurt fehlten in Mauro Camoranesi, Timo Gebhart, Johan Audel und Daniel Didavi gleich vier Akteure für die Außenbahnen. Da Gross ein System mit zwei „Sechsern“ und zwei Flügelspielern praktiziert, treffen ihn diese Ausfälle besonders hart. Wie lange der Schweizer angesichts der Krise noch Schonfrist hat, ist offen. Eine Entlassung vor dem Keller-Knüller gegen Schalke 04 in zwei Wochen erscheint unwahrscheinlich, ließe aber einem neuen Mann mehr Zeit fürs Einarbeiten.

Dem in der Vorsaison noch als „Rückrunden-Meister“ gefeierten Gross droht ein ähnliches Schicksal wie seinen Vorgängern Armin Veh und Markus Babbel. Auch diese hatten die Schwaben von ganz unten nach ganz oben geführt. Nach Titel (Veh) bzw. Einzug in die Champions League (Babbel) konnten sie jedoch im Folgejahr den erneuten Absturz nicht verhindern, was jeweils zur vorzeitigen Entlassung führte.