Sprinterin Verena Sailer und Speerwerferin Linda Stahl werden in Barcelona Europameisterinnen. Christina Obergföll gewinnt Silber.

Barcelona. Verena Sailer ist die neue Sprintkönigin Europas, Linda Stahl und Christina Obergföll feierten einen Doppelsieg im Speerwurf: Nach zwei Tagen der Enttäuschung bei der Leichtathletik-EM in Barcelona holte das deutsche Team gestern Abend zwei Goldmedaillen binnen sechs Minuten. 20 Jahre nach Katrin Krabbe wurde mit Sailer wieder eine Deutsche Europameisterin über 100 Meter. Die 24-Jährige gewann in 11,10 Sekunden vor den Französinnen Veronique Mang (11,11) und Myriam Soumare (11,18). Stahl zog mit einer persönlichen Bestleistung von 66,81 Metern im fünften Versuch noch an Obergföll (65,58 m) und der tschechischen Olympiasiegerin Barbara Spotakova (65,36 m) vorbei.

"Es ist wahnsinnig. Ich kann es nicht glauben. Ich freue mich schon sehr, die Hymne zu hören", jubelte Sailer, die schon 2009 als WM-Halbfinalistin in Berlin schnellste Europäerin und Weiße war. "Ich wollte einfach nur gewinnen, ich sagte mir, du machst es einfach." Die Mannheimerin war bereits im Halbfinale bei allerdings zu starkem Rückenwind eine persönliche Bestzeit gelaufen (11,06). Im Endlauf hatte zunächst Mang einen besseren Start, doch in der zweiten Hälfte des Rennens sprintete Sailer allen davon.

Für sie war dieser Titel ein noch größerer Erfolg als das WM-Bronze 2009 mit der deutschen Sprintstaffel. Sailer, U-20-Weltmeisterin von 2007, gewann damit die erste deutsche Sprintmedaille seit Melanie Paschkes Bronze 1994 in Helsinki. Auch die schwarzen Rivalinnen im Finale schreckten die gebürtige Allgäuerin nicht. Die frühere Turnerin, Schützling von Valerij Bauer, sagt ohnehin: "Ich glaube nicht, dass ich weniger Talent habe, nur weil ich weiß bin."

Stahl und Obergföll erwiesen sich im Speerwurf als würdige Erben von Titelverteidigerin Steffi Nerius. Für die 24 Jahre alte Leverkusenerin war es der erste große Titel ihrer Karriere. Obergföll, 28, hatte 2008 bei den Olympischen Spielen Bronze gewonnen. Beide bejubelten ihren Doppelsieg Arm in Arm. "Was für ein schöner Abend", sagte Obergföll. Vom ersten bis vierten Durchgang hatte die Favoritin Spotakova in Führung gelegen. Im fünften zogen beide Deutsche an ihr vorbei.

"Ich wusste nach dem Einwerfen, wenn ich bei der Sache bin, kann ich einen raushauen. Und das ist mir gelungen", erzählte Stahl. Die Medizinstudentin galt seit Jahren als große Hoffnung, doch eine Medaille hatte die bisher mit einer Bestleistung von 66,06 Meter verzeichnete WM-Sechste aus Leverkusen zuvor nie gewonnen. Selbst bei den deutschen Meisterschaften war sie nur Dritte geworden beim Sieg ihrer Klubkameradin Katharina Molitor, die mit 63,81 Meter EM-Vierte wurde. Obergföll, die Deutschlands Leichtathleten 2008 in Peking mit gewonnenem Bronze vor der totalen Medaillenpleite gerettet hatte, blieb erneut der erste große Titel versagt. Schon zweimal war sie Vizeweltmeisterin. "Endlich die erste EM-Medaille, das ist doch schön. Auch wenn ich von der Weite her meine Erwartungen nicht erfüllen konnte", meinte sie, die 2006 beim Triumph von Steffi Nerius in Göteborg enttäuschte Vierte geworden war.

PLEITENSERIE DER DSV-ATHLETEN

Aus deutscher Sicht nahm der dritte Wettkampftag damit ein mehr als versöhnliches Ende. Denn am Mittag war mit Malte Mohr ein weiterer Hoffnungsträger im Vorkampf des Stabhochsprungs ausgeschieden. Von einer Medaille gesprochen und von Gold geträumt hatte Mohr. Doch der Münchener setzte die Serie deutscher Enttäuschungen in Barcelona zunächst fort und scheiterte an der Qualifikationshöhe von 5,65 Metern. "Was soll ich machen? Trübsal blasen bringt jetzt auch nichts. Es ist gelaufen", sagte der 24-Jährige. Er übersprang lediglich 5,50 Meter, die nötigen 15 Zentimeter höher ging es nur für Fabian Schulze (München) und Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) hinaus. Beide erreichten das Finale am Sonnabend.