Der Reinbeker ist der Einzige des norddeutschen Tennis-Trios, der am Hamburger Rothenbaum den Sprung in Runde zwei schaffte.

Hamburg. In der Stunde des Triumphes dachte Julian Reister auch an seinen Trainingskumpel. "Ich bin etwas traurig, dass Tobi nicht die zweite Runde erreicht hat", sagte der 24-Jährige, "normalerweise machen wir doch alles zusammen!" Während der Reinbeker bei seinem ersten Auftritt im Hauptfeld der mit einer Million Euro dotierten German Open am Rothenbaum durch ein 6:2, 7:6 (12:10) gegen den Deggendorfer Daniel Brands die 7000 Tennisfans begeisterte, musste der Lübecker Tobias Kamke seinen Traum vom Viertelfinaleinzug nach einem 3:6, 4:6 gegen den Argentinier Eduardo Schwank früh begraben. "Jetzt muss ich die norddeutsche Fahne eben allein hochhalten", sagte Reister, da am Montag mit dem Hamburger Mischa Zverev der erste Spieler des Nordtrios gescheitert war. Zuzutrauen ist dem Weltranglisten-121., der am Morgen gemeinsam mit Kamke von Turnierdirektor Michael Stich aus dem Hotel abgeholt worden war, dieses Vorhaben auch heute, wenn er in Runde zwei auf den Rumänen Victor Hanescu (Weltranglisten-47.) trifft.

Gegen Brands überzeugte er mit druckvollem, mutigen Spiel und zeigte sich äußerlich unbeeindruckt von dem Erlebnis, erstmals in Hamburg auf dem Centre-Court antreten zu dürfen. "Natürlich war ich nervös, aber ich habe mich in den vergangenen Tagen gut darauf vorbereitet. Zum Glück hat es funktioniert", sagte Reister, der vor Turnierstart an Magenproblemen gelitten hatte. "Langsam kommt die Kraft zurück", sagte er. Mit einem guten Essen und einer Massage belohnte sich der Sandplatzspezialist für seinen Erfolg, mit dem er auch Kamke ein wenig über dessen Erstrundenaus hinwegtröstete.

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Der Lübecker, der von 2003 bis 2006 für den Uhlenhorster HC spielte und seitdem von Michael Stich beraten wird, hatte gegen Schwank schon 3:6 und 1:4 zurückgelegen, ehe er sich auf 4:5 herankämpfte und drei Breakbälle zum 5:5 hatte. Trotzdem gewann der Argentinier, in der Weltrangliste an Position 50 und damit 50 Plätze besser als Kamke eingestuft, den zweiten Satz mit 6:4, was Kamke zu einer selbstkritischen Analyse verleitete. "Ich muss lernen, meine Chancen konsequenter zu nutzen. Allerdings habe ich heute zu keiner Phase in mein Spiel gefunden und habe mir seinen Stil zu sehr aufzwingen lassen", sagte er.

Heute haben die Norddeutschen, die sich seit Kindertagen kennen und seit 2009 beide mit Ralph Grambow trainieren, die Chance auf ein gemeinsames Erfolgserlebnis im Doppel, wo sie in Runde eins auf Wesley Moodie (Südafrika) und Dick Norman (Belgien) treffen. Dagegen scheiterten die Wimbledonsieger Philipp Petzschner und Jürgen Melzer (Pulheim/Österreich) gestern mit 7:5, 4:6 und 6:10 an den Titelverteidigern Simon Aspelin/Paul Hanley (Schweden/Australien). Das Match war aus unerfindlichen Gründen auf Nebenplatz drei angesetzt worden, die kleine Tribüne war überfüllt, was Petzschner zum Anlass nahm, die Ansetzung infrage zu stellen. "Ich hätte mir schon das Abendspiel auf dem Centre-Court gewünscht", sagte er.

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Dort darf er heute immerhin zu seinem ersten Einzelauftritt auflaufen. Gegen den Franzosen Jeremy Chardy muss der 26-Jährige die Bedeutung, die er den deutschen Turnieren gestern verbal zuwies ("Turniere in Deutschland sind für uns deutsche Profis das Wichtigste überhaupt"), auch sportlich unterstreichen. Als bislang einziger Deutscher schaffte gestern der Bayreuther Florian Mayer den Sprung ins Achtelfinale, der 26-Jährige musste gegen den Ukrainer Alexandr Dolgopolov jedoch hart arbeiten, bis der 4:6, 7:6 (7:2), 6:3-Erfolg feststand. Aufatmen konnten Stich und sein Team am Abend, als mit Titelverteidiger Nikolaij Dawidenko der in der Weltrangliste als Sechster höchstplatzierte Turnierteilnehmer durch ein 6:3, 6:1 gegen Florent Serra (Frankreich) das Achtelfinale erreichte.