Frankreichs Kapitän spricht über das desaströse Auftreten der “Equipe Tricolore“. Das Sportministerium leitet nun Untersuchungen ein.

Paris. Das moralische und sportliche Debakel der französischen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM hat ein Nachspiel. „Das (Sport-)Ministerium wird eine Untersuchung einleiten und alle Spieler werden angehört werden. Jeder wird erzählen, was er erlebt hat, und die Wahrheit sagen“, erklärte der Mannschaftskapitän Patrice Evra am Freitag im französischen Fernsehen (TF1). „Doch jetzt ist nicht die Stunde, im Schmerz aller Franzosen herumzuwühlen. Heute ist nicht die richtige Zeit, um auf wen auch immer zu schießen.“

Evra stellte sich als erster französischer Nationalspieler nach dem Ausscheiden bei der WM den Journalisten. Er vermied offene Kritik am Trainer Raymond Domenech, dem allgemein die Hauptschuld am Scheitern der „équipe tricolore“ zugeschrieben wird. „Niemand ist so helle, um sagen zu können, was passiert ist, denn die Wunden sind noch offen“, sagte Evra. „Es tut uns wirklich leid und wir sind niedergeschlagen, doch man muss den Kopf heben und nach vorne blicken.“

Evra entschuldigte sich für den Trainingsboykott der Mannschaft vor dem Spiel gegen Südafrika. „Das war eine Entscheidung der Gruppe. Niemand wollte aus dem Bus aussteigen“, sagte er. „Die Gruppe war bis zum Schluss vereint. Wir bedauern die soziale Wirkung unserer Handlung. Das hat uns (...) sehr geschmerzt.“

+++BLEUS VERWEIGERN NACH ANELKA-AUSSCHLUSS TRAINING+++

Domenech hatte Evra im letzten Spiel auf der Bank gelassen und ihm einen Auftritt vor der Presse verboten. „Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich nicht sagen durfte, was ich wollte“, sagte Evra. „Das hat sehr weh getan.“ Dass er nicht gegen Südafrika habe spielen dürfen, sei „doppelt schmerzlich“ gewesen. „Man muss die Entscheidung des Trainers akzeptieren. Ich habe das beim Spiel getan und ich habe das nach dem Ende des Spiels getan“, sagte Evra, fügte jedoch an: "Ich war fit. Aber ich musste als Kapitän für den Boykott bezahlen."

Dennoch betonte Evra: „Ich bin immer noch stolz, wirklich stolz, dieses Trikot zu tragen.“ Die Mannschaft müsse sich mehr nach außen öffnen. Domenechs Nachfolger Laurent Blanc werde „wirklich zusammengeschweißte Spielern“ vorfinden. „Ich glaube, dass die Nationalmannschaft niemandem gehört. Sie gehört dem Volk.“

Der französische früherer Bayern-Star Bixente Lizarazu kritisierte Evras Beitrag als unklar. „War das gegen Domenech?“, frage er. „Ich habe kein Argument gehört außer dem Willen, sich zu entschuldigen.“ Lizarazu begrüßte aber, dass die Spieler „aus ihrer Blase heraus“ wollten und wieder einen Draht zur Öffentlichkeit suchten.