Der Name des ehemaligen HSV-Sportdirektors kursiert rund um das Geißbockheim. In der Domstadt ist mal wieder das Chaos ausgebrochen.

Köln. Als er den Zustand des 1. FC Köln bei der Diskussionsrunde des Fernsehsenders „Sky“ kommentieren sollte, reagierte Franz Beckenbauer sarkastisch. „Wolfgang Overath ist gegangen, Volker Finke ist weg, Podolski wird wahrscheinlich gehen. Ich frage mich, ist der Geißbock noch da?“, sagte Beckenbauer. Hennes VIII., der prächtige Ziegenbock, gehütet von einer Dame mit dem Namen Schäfer, steht tatsächlich noch im Stall in Köln-Widdersdorf. Das menschliche Personal in der Führungsebene des Fußball-Bundesligisten unterliegt aber einem zunehmenden Schwund. Für die Besetzung des seit November vakanten Präsidentenpostens fahndet der Klub auch mithilfe von Headhuntern, da bisher kein geeigneter Kandidat für die Overath-Nachfolge aufzutreiben ist. Den Abbau sportlicher Kompetenz forcierte der Verein am Wochenende mit der Entsorgung von Sportdirektor Volker Finke. Mitten im Abstiegskampf leistet sich der Klub ein weiteres Vakuum an einer wichtigen Schaltstelle.

Horstmann: Finke wusste vor dem Spiel nichts davon

„Wir suchen einen Nachfolger“, sagte der Verwaltungsratsvorsitzende Werner Wolf in staatstragendem Tonfall, als wäre allein mit dieser Selbstverständlichkeit schon eine Entscheidung gefallen. Wer überhaupt noch im Verein über neues Personal, das den FC sportlich weiterbringen kann, urteilen soll, fragen sich in Köln viele. Den Verantwortungsträgern hängt der Ruf an, fußballerische Laien zu sein. Eine naheliegende Lösung zur Finke-Nachfolge könnten aber auch sie geregelt bekommen. Mit Dietmar Beiersdorfer ist ein Mann auf dem Markt, mit dem die Kölner auch schon vor Finkes Verpflichtung vor 13 Monaten verhandelt hatten.

Beiersdorf leistete überzeugende Arbeit beim Hamburger SV (2002-2009), später bis April 2011 bei Red Bull Salzburg mit Zuständigkeiten für andere Fußball-Teams des Rote-Bullen-Unternehmens. Zudem kennt der 38-Jährige Köln, denn der gebürtige Franke spielte 1996 eine halbe Saison für die Domstädter, ehe er nach Reggiana wechselte. Er sehe seine Zukunft als Sportmanager, sagte der frühere Abwehrspieler der Zeitung „Express“ (Montagausgabe), die Beiersdorfer zum „Top-Favorit“ erklärte. Zumindest am Sonntag fand aber noch kein Kontakt zwischen dem 1. FC Köln und Beiersdorfer statt. „Wir müssen in Ruhe und Sorgfalt entscheiden“, sagte Hauptgeschäftsführer Claus Horstmann.

Ein anderer Kandidat, der sofort nach dem Finke-Abgang genannt wurde, ist Andreas Rettig. „Ich konzentriere mich nur auf einen FC - und das ist Augsburg“, sagte Rettig, dessen Engagement als Manager beim Aufsteiger im Sommer endet. Eine Rückkehr nach Köln, wo der Leverkusener von 2002 bis 2005 als Manager tätig war, erscheint eher unwahrscheinlich, wobei er die Nähe zum Verein stets weiter pflegte. Rettig war es auch, der den Kölnern Ende 2010 Finke als Verpflichtung empfohlen hatte. Zunächst wird Frank Schaefer, der Trainer der vorigen Saion, in Zusammenarbeit mit Scouting-Chef Boris Notzon einige Aufgaben des Sportdirektors übernehmen. Leverkusens Ex-Manager Reiner Calmund empfahl im „Express“, die Kölner sollten Schaefer als Dauerlösung installieren.

Als Finke weg war, war ein allgemeines Aufatmen aus Erleichterung zu vernehmen, bis auf einige Spieler, die ihm nahe standen. Die Trennung war offenbar vorbereitet worden, zudem waren einige eingeweiht. „Das überrascht mich nicht“, sagte Lukas Podolski. Es ist durchaus möglich, dass er informiert war. Finkes Rauswurf soll seit Mitte voriger Woche geplant gewesen sein. Frisch tätowiert mit „Cologne“ und dem Stadtwappen auf dem Arm lief der Nationalspieler gegen Hertha BSC auf. Fest steht, dass ihn ein Wechsel zu Arsenal reizen würde, aber die Hoffnungen bei den Fans sind gewachsen, dass er doch bleibt. Doch ohne Manager findet Podolski beim FC keinen Verhandlungspartner mehr. (dapd)