Ist für den verletzten Kapitän Ballack im neuen Nationalteam überhaupt noch Platz ? Für Bundestrainer Löw nur eine theoretische Frage.

Erasmia. Die jungen Wilden genießen die neuen Freiheiten, Sami Khedira spielt schon wie der „junge Ballack“ – trotzdem ist der verletzt fehlende Capitano bei der WM weiter präsent. Nicht nur als Werbe-Ikone flimmert Michael Ballack zwischen den WM-Spielen über die Bildschirme, auch seine Zukunft wird überall heftig diskutiert.

„Die Aufgabenverteilung hat sich etwas verändert ohne Michael Ballack“, analysierte Bundestrainer Joachim Löw nach dem imponierenden 4:0-Sieg gegen Australien. Aber ob die neue deutsche Fußball-Nationalmannschaft tatsächlich ohne die „Erfahrung und Internationalität“ (Löw) des Leitwolfs in ein afrikanisches Wintermärchen stürmt, dürfte frühestens die K.o.-Runde klären. „Jetzt sind wir einer der Favoriten, was gefährlich ist in dieser frühen Phase“, schrieb Ballack als „Times“-Kolumnist.

„Es stimmt, dass wir Michaels Ausfall ziemlich gut verarbeitet haben. Aber Michael ist ein Spieler, der oft im Verlauf eines Turniers wichtige Akzente gesetzt und Spiele gegen große Mannschaften entschieden hat“, betonte der DFB-Chefcoach in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). Die brisante Frage, ob die aufgefrischte DFB-Elf Ballack überhaupt noch braucht, stellt sich für Löw nicht.

„Ich wusste, dass ein Bastian Schweinsteiger jetzt mehr Verantwortung übernimmt. Und es ist wirklich gut, wie sich Khedira entwickelt. Aber Michael wäre mit seiner Präsenz und Erfahrung sehr wichtig gewesen“, äußerte der 50-Jährige deutlich. Ballack hätte einfach schon mit seiner Präsenz auch bei der Konkurrenz für noch mehr Respekt gesorgt.

„Spätestens ab Viertelfinale spielst du gegen Hochkaräter, da entscheiden dann auch Kleinigkeiten“, meinte der ehemalige Teamchef Rudi Völler, der zwar der neuen Generation in Südafrika viel zutraut, aus eigener Erfahrung den Wert eines fitten Ballack aber auch bestens einschätzen kann. Bei der WM 2002 in Japan und Südkorea hatte Ballack auf dem Weg ins Finale im Viertel- und im Halbfinale für die 1:0- Treffer gesorgt. Und bei der EURO 2008 brachte sein Gewaltfreistoß gegen Österreich Deutschland erst in die K.o.-Runde. „Michael Ballack hat bei uns eine zentrale Rolle gespielt, wenn er gespielt hat – bis zu seiner Verletzung“, betonte Löw.

Derzeit wollen und können sich der Bundestrainer und die neuen Spieler um Ballack-Ersatz Khedira mit dem fehlenden Capitano nicht aufhalten. „Ich war gefordert, dass ich eine andere Lösung finde“, sagte Löw, „einige wollen immer mehr in die Verantwortung.“ Dem Stuttgarter Khedira, der im Schnelldurchlauf gemeinsam mit Schweinsteiger die Führung im zentralen Mittelfeld übernehmen musste, bescheinigte Löw zum WM-Auftakt bereits ein Spiel „wie der junge Ballack“. Doch das schob der 23-Jährige eilig zur Seite: „Er hat sich nicht bei mir gemeldet, was ich auch nicht erwartet habe und was auch nicht notwendig ist.“

DER SENKRECHTSTARTER: HOLGER BADSTUBER

Der Stil von Neu-Kapitän Philipp Lahm, der die Team-Führung anders als Ballack auf viele Schultern verteilt, und die Lockerheit der Jugend sind eine Chance, der Explosion gegen Australien noch weitere folgen zu lassen. Noch vor zwei Jahren hatte nach der 1:2-Niederlage bei der EM gegen Kroatien Ballack energisch eine zu große Harmonie im Nationalteam angeprangert. Was bei vielen Kollegen schlecht ankam, wie später eine Ohrfeige von Lukas Podolski gegen Ballack mitten im WM-Qualifikationsspiel gegen Wales nochmals deutlich machte. Entscheidend wird sein, inwieweit Ballacks Erben auf dem Platz die Lücke immer weiter schließen können. Zum jetzigen frühen Turnier- Zeitpunkt bleibt die Diskussion eine theoretische.

Die voraussichtliche deutsche Aufstellung gegen Serbien:

Neuer – Lahm, Mertesacker, Friedrich, Badstuber – Khedira, Schweinsteiger – Müller, Özil, Podolski – Klose