Das olympische Dorf ist bezogen, Fans und Sportler sind in Partylaune. Ein Problem bleibt das Wetter. Vancouver wartet auf den Schnee.

Vancouver. Noch vier Tage bis zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Vancouver - und die Kanadier sind in Partylaune. 10 000 Fans feierten im Skiort Whistler die ersehnte Ankunft der olympischen Fackel, 120 Kilometer südlich vergnügten sich Tausende auf Vancouvers Partymeile Robson Street. Und in knapp tausend Meter Höhe, auf dem Cypress Mountain, konnten die Olympiamacher trotz des Schneemangels der letzten Wochen Entwarnung geben - auch die letzte Wettkampfstätte ist schneesicher, auch wenn der Berg nur als schmutziges weißes Band erscheint.

5000 Kubikmeter Schnee wurden mit Lastwagen und Helikoptern zur Wettkampfstätte für Freestyler und Snowboarder gebracht, 750 freiwillige Helfer arbeiteten fast rund um die Uhr.

Die Halfpipe musste sogar mit Stroh als Unterlage für den Schnee präpariert werden, das Training wurde vorübergehend nach Whistler verlegt. Tim Gayda, Vizepräsident des Organisationskomitees Vanoc, versprach: "Es wird keine Absage eines Wettbewerbs geben. Wir haben genug Schnee."

Unter der wärmenden Sonne Vancouvers schmelzen die Hoffnungen auf weiße Winterspiele mit jedem Tag ein bisschen mehr. "Wir hatten den mildesten Januar in der Geschichte der Stadt", sagt Vancouvers Bürgermeister Gregor Robertson.

Während die Ostküste des Landes derzeit mit Schneemassen zu kämpfen hat, tragen die Menschen am Pazifischen Ozean bei Temperaturen von 12 Grad T-Shirts und kurze Hosen. Eine Wetteränderung ist nicht in Sicht. In dieser Woche bleibe es bei einem Mix aus Sonne und Wolken ungewöhnlich mild, verlautete aus dem Büro der Olympia-Meteorologen. In Whistler werden die Temperaturen bei minus 1 bis 6 Grad Celsius liegen, in Cypress Mountain bei minus 1 bis 7 und in Vancouver bei 4 bis 9 Grad. Erst danach, heißt es, könnte der Winter zurückkehren. Gerade noch rechtzeitig zur ersten Woche der Wettkämpfe.

Die deutsche Mannschaft geht ihre Mission höchst unterschiedlich an. Langläufer, Skispringer und Snowboarder probten bei letzten Wettkämpfen den Ernstfall (siehe Berichte unten), während Skirennläuferin Maria Riesch am Sonnabend noch beim Ball des Sports tanzte. Sie wird heute - wie übrigens auch Eisschnellläuferin Anni Friesinger - in Vancouver erwartet.

Das Eiskunstlaufpaar Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, Favoriten auf eine Medaille, trainierten mit ihrem Coach Ingo Steuer zum ersten Mal im Pacific Coliseum. Konzentriert probten sie ihre Kür, waren danach allerdings zu keiner Stellungnahme bereit und verließen durch einen Hinterausgang die Halle. "Wir haben uns beim ersten Training auf olympischem Eis gut gefühlt", ließ Savchenko später verlauten, "die Eisqualität war gut."

Andere deutsche Athleten gaben sich entspannter. "Das ist alles überwältigend. Überall Olympia-Feeling", schwärmte die junge Paarläuferin Maylin Hausch. Auch das olympische Dorf auf dem Gelände einer ehemaligen Mülldeponie belebt sich langsam. In Whistler bezogen die Rodler am Wochenende als erste der 93 deutschen Sportler ihre Doppelzimmer. Mit Norwegern, Schweden und Schweizern als Nachbarn nahmen die Deutschen Quartier in vier der Häuser in Braun- und Grüntönen, die Platz für 2850 Athleten und Betreuer bieten

"Ich kenne alle Unterkünfte seit 1984, so ein schönes Dorf habe ich noch nie gesehen", sagte Thomas Schwab, Sportdirektor des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD). Die Skirennfahrer haben ein eigenes Haus in Whistler angemietet, mit einem Einzelzimmer für Maria Riesch. "Es ist nicht schlecht, wenn man mal abschalten kann", sagte die Medaillenkandidatin.

Dass die Räume eher klein ausgefallen sind, ist für Schwab schon Tradition: "Es gab noch nie Olympische Spiele, bei denen der Platz ausreichend war." Alpin-Sportdirektor Wolfgang Maier urteilte: "Die Zimmer sind geräumiger als in Turin vor vier Jahren, die Verpflegung ist sehr gut." Dazu gibt es Wireless-LAN, Billard und Livemusik.

Die Bewegung "Olympic Resistance Network" (ORN) hat unterdessen zu einem Protestmarsch unter dem Motto "Herzinfarkt 2010: Verstopft die Arterien des Kapitalismus" aufgerufen. Das Bündnis gegen Olympia reicht von linken Aktivisten über Obdachlosen- und Armenverbände bis hin zu Ureinwohnergruppen. Die Polizei rechnet am Tag der Eröffnungszeremonie mit rund 1500 Demonstranten. Gelassen reagierte Polizeichef Steve Sweeney: "Das ist ein Tag wie jeder andere in unserem Leben."