Jugendliche aus 22 Nationen spielen Fußball und rappen. Preiswürdig, fand der Hamburger Verband.

Hamburg. Irgendwann wollten sie es einfach mal ganz genau wissen. Wer sind wir eigentlich? Und vor allem: Aus wie vielen Ländern kommen wir? "Und dann haben wir nachgezählt", sagt Diddo Ramm. Sie kamen auf 22 verschiedene Nationen. Eine richtige Welt-Elf war das also bei Teutonia 05, diesem mehr als 100 Jahre alten Fußball-Verein im Herzen von Ottensen. Und weil der Präsident noch viele engagierte Menschen an seiner Seite hat, die Tag für Tag ausgezeichnete Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus dem bunten Stadtteil leisten, war die diesjährige Auszeichnung mit dem Integrationspreis des Hamburger Fußball Verbandes (HFV) im Grunde nur folgerichtig.

In der Begründung der Jury ist in solchen Fällen immer von einem "seit Jahren großen Engagement für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund" die Rede. Oder von einem "großartigen Vernetzungskonzept mit dem Einbinden der Familien". So war es auch diesmal. Und darüber hinaus waren sie bei Teutonia 05 noch besonders kreativ. Sie haben ein Fußballwörterbuch mit 69 Begriffen in acht Sprachen herausgebracht. Und wie bei allen guten Ideen fragt man sich, warum es das eigentlich noch nicht gibt. "Das müsste doch auf jedem Fußballplatz liegen", sagt Diddo Ramm. Sie haben einen eigenen Multikulti-Rap komponiert. "Wir sind nicht die besten Einzelspieler, sind nicht nach jeden Spiel der Sieger, ein Grieche und ein Türke stehen im Sturm, und hinten der albanische Abwehrturm - von Asien bis Afrika, das ist Teutonia", heißt es da auf CD.

Und sie sind dabei, einen Mittagstisch für Kinder in dem neu entstandenen Vereinsheim an der Kreuzkirche einzurichten. Weil Diddo Ramm weiß, dass Integration nicht durch großformatige Fotoausstellungen in hübschen Galerien gelingt, sondern im Alltag. Auf und neben dem Platz. Vor und nach dem Spiel. "Da müssen wir Räume für Begegnungen schaffen", sagt der 44-Jährige, der vor fünf Jahren als Jugendleiter bei Teutonia 05 anfing und seit 2007 Präsident des Vereins ist.

Er weiß, dass es vor allem um die zwölf bis17-jährigen Jungs geht, "die nicht wissen, wohin mit ihrer Kraft", und bei denen "oft noch Sprachprobleme dazukommen". Deshalb gibt es in diesem Klub, in dem sich Hartz-IV-Familien und Elbchaussee-Bewohner treffen, einige Grundsätze, die Diddo Ramm so zusammenfasst: "Wir wollen immer die Eltern kennenlernen, wollen Humor haben, uns benehmen und haben die Schimpfwörter abgeschafft." Wie das? Statt Scheiße heißt es jetzt "Schweinfurt", statt Hurensohn "Hamburg". Und trotzdem werden natürlich auch Spieler von Teutonia 05 nach Platzverweisen vom HFV-Sportgericht gesperrt. Und Diddo Ramm plädiert dann dafür, sie nicht vom Trainingsbetrieb zu suspendieren, sondern sie als Assistenztrainer in ihren Mannschaften einzusetzen, "um zum Beispiel Hütchen aufzubauen und sich so für das Team nützlich zu machen".

Das scheint anzukommen. Innerhalb von vier Jahren verdreifachte sich die Mitgliederzahl, in 20 Jugendmannschaften toben bei Teutonia 05 heute 360 Kinder und Jugendliche hinter dem Ball her. Dazu kommen drei Herrenmannschaften, und Integration ist eben nicht nur eine Sache zwischen Nationen, sondern auch zwischen Jung und Alt. Wenn nämlich zum Beispiel die Eltern der kleinen Kicker es nicht ertragen, dass sich so mancher Senioren-Fußballer unmittelbar nach seinem Spiel eine Zigarette anzündet.

Es geht um Rücksicht und Respekt. Und um ein Umfeld, in dem sich Talente entwickeln können. Der an Nürnberg ausgeliehene HSV-Profi Eric Choupo-Moting hat einst bei Teutonia 05 angefangen. Und weil zu oft vergessen wird, dass die großen Bundesliga-Stars ihre Karriere meist bei einem kleinen Verein um die Ecke gestartet haben, ist die Arbeit der vielen, die so selten erwähnt werden, so wichtig. Diddo Ramm nennt stellvertretend seinen Platzwart Klaus Müller sowie Vereinsmanager und Jugendtrainer Nico Stolte, und er wünscht allen Vereinen in Hamburg im neuen Jahr "viele Jugendtrainer und Ehrenamtliche".

Und genau so wichtig sei der Erhalt dieser Stadtteilvereine. "Wenn Kinder mit dem Bus zum Sport fahren müssen, wird es schwierig", sagt Diddo Ramm. Dann sei der PC im Zweifel näher. Und deshalb ist sein größter Wunsch für Teutonia 05 auch ein Kunstrasenplatz. Nur der garantiere eine Verlässlichkeit für Trainingszeiten und könne außerdem wunderbar von den Schulen mitbenutzt werden. Sie haben noch einiges vor mit der Welt-Mannschaft bei Teutonia 05.

Die 1. D-Jugend des FC Teutonia 05 (Jahrgang 1997): Sofian Abdalla (deutsch/sudanesisch), Umut Oguz (türkisch), Ali Özcan (türkisch), Ali Foladi (afghanisch), Marvin Gaye (deutsch/gambianisch), Yusuf Kohestani (afghanisch), Kemo Hagenah (deutsch/tunesisch), Ferid Can Rahiminia (türkisch/iranisch), Max Can Demirdilek (deutsch/türkisch), Rene Rudolph (deutsch), Isaiah Müller (deutsch/gambianisch), Benny Balzer (deutsch), Melih Demir (türkisch), Jugendtrainer Nico Stolte (deutsch).