Fünf Tage vor dem Gipfeltreffen in Kiel gibt Bertrand Gille überraschend sein Comeback.

Balingen. 35 Minuten waren gespielt, als in der Balinger Sparkassen-Arena aus dem Spiel plötzlich Ernst wurde. Bertrand Gille hatte sich kurz zuvor in der Halbzeitpause des Pokalspiels bei HBW Balingen-Weilstetten ein bisschen eingeworfen. Er hatte sich von seinem Trainer Martin Schwalb auch auf dem Spielberichtsbogen vermerken lassen. Doch dass der Kreisläufer des HSV tatsächlich sein Comeback geben würde, vier Monate nachdem er an der Achillessehne operiert und einen Tag nachdem er selbst es mit betrübter Stimme noch ausgeschlossen hatte, das hatte kaum jemand für möglich gehalten.

Bis zu ebenjener 36. Minute. Tatsächlich hätte es kaum einen besseren Zeitpunkt geben können. Die Hamburger befanden sich auf dem sicheren Weg ins Viertelfinale, zu einem 38:23-(22:13)-Sieg, der ein eindrucksvolles Dokument der Stärke abgab. In vier Tagen kommt es bei THW Kiel zum Duell um die Bundesligaspitze, und die Rückkehr des Rackerers, die dieser mit dem Tor zum 31:17 krönte, dürfte die Hamburger Ambitionen beflügeln. Auf Nachfrage der HSV-Mediziner hatte Chirurg Bernhard Segesser zuvor sein Einverständnis erklärt, sollte Gille beim Warmmachen keine Schmerzen verspüren. "Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind", gestand Gille nach seinen ersten zwölf Saisonminuten, "und das Tor hat irrsinnig Spaß gemacht."

Das gestrige Pokalspiel arbeitete noch ein weiteres Trauma auf. Erst 13 Monate ist es her, da stürzten die Balinger den HSV mit 28:26 in der Liga in eine Krise. Seither sind die Hamburger noch ein bisschen größer und die Balinger ein bisschen kleiner geworden, aber das allein erklärte den Unterschied zu gestern nicht.

Gestützt auf eine konzentrierte Abwehr- und Torhüterleistung, rauschte Welle um Welle aufs Balinger Tor. Einen HSV-Akteur hervorzuheben wäre ungerecht - verdient hätten es alle. "Durch die Bank eine gute Leistung" bescheinigte Sportchef Christian Fitzek. Im Nu verwandelten die Hamburger ein 2:2 (4. Minute) in ein 7:2 (9.). Ein zweiter Zwischenspurt kurz vor der Halbzeit - von 15:11 auf 21:12 - wischte die Zweifel weg. Umso überflüssiger, dass Krzysztof Lijewski noch bei einer rüden Attacke am Knöchel verletzt wurde. Wie schwer, darüber soll heute eine Untersuchung Aufschluss geben.

Die Paarungen des Viertelfinales werden am Sonntag von Handballidol und DSF-Experte Stefan Kretzschmar ausgelost.

Tore, Hamburg: Duvnjak 7, Lackovic 5, Vori 5, Flohr 4, Lindberg 4 (3 Siebenmeter), K. Lijewski 3, Jansen 3, G. Gille 3, Schliedermann 2, Schröder 1, B. Gille 1. Schiedsrichter: Biaesch/Sattler (Bad Soden/Oberursel). Zuschauer: 1850.

Linksaußen Matthias Flohr wurde von Bundestrainer Heiner Brand in den 28-köpfigen Kader für die EM in Österreich (19. bis 31. Januar) berufen. Seine Chancen, dort als Kreisläufer zum Einsatz zu kommen, sind nach der Absage des Lemgoers Sebastian Preiß (Achillessehne) gestiegen. Auch Rechtsaußen Stefan Schröder, Torwart Johannes Bitter und Linksaußen Torsten Jansen wurden nominiert.