Hamburg/Maranello. Nein, geliebt haben sie ihn in Italien nie, den deutschen Musterknaben. Michael Schumacher wurde bestenfalls verehrt, weil er die erfolgreichsten Kapitel der Ferrari-Geschichte geschrieben hatte. Das Herzblut, das etwa ein Gilles Villeneuve hinterließ, haben die Ferraristi beim perfektionistischen Rheinländer nie entdeckt - trotz seiner fünf Weltmeistertitel in Rot. Der Mythos Ferrari war für ihn nie ein Thema.

Der bevorstehende Wechsel zum neuen Mercedes-Team hat die Beziehungen verdüstert. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo nannte Schumacher einmal einen "Freund, der sich mit Ferrari identifiziert wie niemand zuvor". Gestern hörte sich das anders an: "Schumacher ist kein Mitglied des Teams", wurde er zitiert. "Man kann nicht gleichzeitig mit uns und mit einem Konkurrenten arbeiten." Montezemolo soll es seinem teuren Angestellten übel genommen haben, dass er am Wochenende das Kart-Vergnügen in Kerpen der traditionellen Ferrari-Weihnachtsfeier vorgezogen hatte. Noch in dieser Woche will sich Schumacher, der sich noch vor drei Monaten als "Teil der Ferrari-Familie" bezeichnete, mit dem Chef des Unternehmens treffen.

Der deutsche Champion wollte eigentlich nicht im Streit von seinem langjährigen Partner scheiden. Aber nun sind es die Italiener, die die Ära Schumacher für beendet erklären. Ferrari setzt künftig auf den zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso, der um sich herum ein Team aufbaut - für einen Berater Schumacher wäre da ohnehin kein Platz.

Finanziell würde sich der Weltmeister AG. bei einem Mercedes-Abenteuer sogar verbessern. Bei Ferrari soll er als Testfahrer für Straßensportwagen und gelegentlicher Boxengast fünf Millionen Euro kassiert haben, Mercedes bietet für ein Jahr "richtige" Formel 1 sieben Millionen.

Dass die Gazetten den verlorenen Sohn für seinen Abschied geißeln, war naheliegend. "Es muss eine Freude und Ehre sein, mit Ferrari zu arbeiten, kein Zwang", schrieb Tuttosport. Und der Corriere dello Sport ätzte: "Dann geh doch!" Kein Wort darüber, dass es der Deutsche war, der den Italienern die ersten Weltmeistertitel seit 1979 beschert hatte.

Das menschliche Problem Ferrari, für Schumacher gewiss eine undankbare Aufgabe, scheint gelöst. Die letzte Hürde vor einem Comeback sitzt tiefer. Ob der am 11. Februar bei einem Motorradunfall lädierte Schädel den Belastungen eines Rennens standhält, müssen die Ärzte erst noch klären. Aber: "Keine Untersuchung kann die Erfahrungen im Rennwagen ersetzen", weiß Schumacher. Auf einen Praxistest im aktuellen Auto muss er jedoch verzichten. Testfahrten sind erst im Februar erlaubt. Ross Brawn, der künftige Mercedes-Teamchef und langjährige Schumacher-Gefährte, lässt vorsichtshalber schon mal einen drei Jahre alten Honda entmotten. Mit dem dürfte Schumacher das Reglement umgehen - als Oldtimer.