Die wissenschaftliche Debatte um den behinderten Sprinter Oscar Pistorius nimmt kein Ende.

Düsseldorf. Nach Ansicht von zwei amerikanischen Forschern verschafft sich der beidseitig unterschenkelamputierte Südafrikaner durch seine Prothesen einen deutlichen Vorteil. Damit laufe Pistorius auf 400 Metern zehn Sekunden schneller als auf Beinen, heißt es in einer Studie, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Prothesen würden seine Sprintgeschwindigkeit um 15 bis 30 Prozent vergrößern, erklärte Peter Weyand von der Southern Methodist University bei Dallas.

Seit einem Urteil des Internationalen Sportgerichtshof CAS im Mai 2008 darf Pistorius mit seinen Leichtgewicht-Stelzen aus Karbon an allen Wettkämpfen des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF teilnehmen. Zuvor hatte die IAAF den 22-Jährigen wegen eines „mechanischen Vorteils“ von Rennen gegen Nicht-Behinderte ausgeschlossen. Weyand und Matthew Bundle von der University of Wyoming sehen ebenfalls positive Effekte für Pistorius. Mit den federnden „Laufschaufeln“ würde er weniger als die Hälfte an Muskelkraft aufwenden müssen. Der Südafrikaner könne seine Prothesen um 15 Prozent schneller wieder auf den Boden bringen als die fünf vorherigen Weltrekordhalter über 100 Meter und der schnellste Mann der Welt, Olympiasieger und Weltrekordler Usain Bolt.

Sieben Forscher aus den USA halten dagegen, es gebe keinen ausreichenden Beweis für einen physiologischen oder biomechanischen Vorteil gegenüber „biologischen Beinen“. Die schnelle Schrittfolge von Pistorius sei nicht nur auf die J-förmigen Laufhilfen zurückzuführen. Diese Vorstellung ignoriere, dass er viele Jahre trainieren und sein neuromuskuläres System den Prothesen anpassen musste, betonten die Forscher. Trotz der CAS-Entscheidung war der Traum von Olympia 2008 für Pistorius geplatzt, da er die Norm nicht erfüllte. Bei den Paralympics gewann er Goldmedaillen über 100, 200 und 400 Meter. Für Olympia 2012 in London will der „schnellste Mann auf keinen Beinen“ (Pistorius über Pistorius) einen neuen Anlauf nehmen.