Heute werden die letzten Tickets für die Fußball-WM 2010 vergeben. Alle Spiele, alle Teams, alles Wissenswerte auf abendblatt.de.

Der Krimi von Khartum: Ägypten - Algerien, 18.30 Uhr

Hamburg. Nach der Eskalation rund um das 2:0 der Ägypter am Samstag sollen rund 15.000 Polizisten das explosive Duell der Erzrivalen sichern. «Wir sind für jeden Notfall vorbereitet», sagte Governeur Abdelrahman al-Khidr. Khartum erwartet 48 Flugzeuge mit algerischen Fans und 18 Flieger aus Ägypten, Tausende Anhänger werden zudem mit Bussen anreisen. «Wir werden es schaffen. Da bin ich sicher», sagte Matmour, Stürmer des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach.

Die beiden Kontrahenten schlossen die Gruppe C in ihrer Qualifikation punkt- und torgleich ab. Auch der direkte Vergleich endete nach dem 3:1-Hinspielerfolg der Algerier und dem 2:0-Sieg für Ägypten im Rückspiel remis, da die Auswärtstorregel (wie zum Beispiel im Europacup) hier nicht greift. Somit kommt es zu einem Entscheidungsspiel auf neutralem Platz im Sudan. Vor dieser Partie um das letzte Ticket Afrikas für die Fußball-WM rüstet sich Khartum, die Hauptstadt des Sudans, für die allerschlimmsten Szenarien. «Das ist kein Fußball, das ist Krieg», sagte der algerische Nationalspieler Karim Matmour vor dem hochbrisanten Duell am Mittwoch. Am Mittwoch werden erneut Übergriffe befürchtet. Der Weltverband FIFA rief deshalb die heißblütigen Fans noch am Dienstag zu Vernunft und überlegtem Handeln auf.

Für beide Teams wäre es die dritte Teilnahme an einer WM-Endrunde. Algerien war 1982 und 1986 dabei, beim ersten Auftritt gab es gleich einen 2:1-Erfolg gegen Deutschland. Weil aber die Deutschen und die Österreicher anschließend beim 1:0 in Gijon früh einen Nicht-Angriffspakt schlossen, der beiden die Zwischenrunde garantierte, blieb der "Fußballzwerg" trotz eines zweiten Sieges (3:2 gegen Chile) auf der Strecke. Ägypten war 1934 und eben 1990 dabei - allerdings gelang in vier Matches kein einziger Sieg. Immerhin reichte es vor 19 Jahren in Italien zu zwei Unentschieden, gegen Irland und die Niederlande, nur gegen England unterlagen die Nordafrikaner.

Pfiffe und Spucke gegen die Seleccao: Bosnien-Herzegowina - Portugal, 20:45 Uhr

Bosnien verlor das Hinspiel bei den Portugiesen trotz guter Leistung mit 0:1. Um die Nerven der Portugiesen vor dem Rückspiel zu strapazieren, haben die Bosnier schon bei der Ankunft der Gäste mit der psychologischen Kriegsführung begonnen.

Die Seleccao, die ohne ihren verletzten Superstar Cristiano Ronaldo antreten muss, wurde am Montag von bosnischen Fans am Flughafen in Sarajevo mit Pfiffen und Beschimpfungen in ihrer Heimatsprache begrüßt. Zudem ließen sich die bosnischen Behörden bei der Passkontrolle offenbar aufreizend viel Zeit, so dass die Delegation erst gegen 23.00 Uhr in Zenica ankam. Nach Informationen portugiesischer Medien planen die Verantwortlichen des portugiesischen Verbands nach den Vorfällen am Flughafen eine offizielle Beschwerde beim Weltverband FIFA und der Europäischen Fußball-Union UEFA.

Doch nicht nur rund um die Portugiesen herrscht großer Trubel. Das bosnische Team musste einen Tag vor der Partie den Rücktritt von Samir Muratovic verkraften. Der Defensivspieler von Sturm Graz, der wie Emir Spahic und Elvir Rahimic für das Spiel in Zenica gesperrt ist, erklärte seinen überraschenden Abschied aus dem Nationalteam. Und am Abend vor dem Spiel meldete sich auch noch der Wolfsburger Zvjezdan Misimovic mit einer Knieverletzung aus dem Hinspiel verletzt ab. Es wäre die erste WM-Teilnahme des vier Millionen Einwohner zählenden Landes, das erst 1992 unabhängig wurde und in dem die drei Volksgruppen (Muslime, Serben, Kroaten) in vielen Bereichen noch nicht harmonieren.

Portugal wäre 2010 in Südafrika zum fünften Mal bei einer WM-Endrunde dabei. Bei der WM 1966 in England und 2006 in Deutschland erreichte das portugiesische Team das Halbfinale.

Rehhagel und die Rente: Ukraine - Griechenland, 19:00 Uhr

Rente oder WM - das titelte die Bild-Zeitung vor dem Hinspiel zwischen der Ukraine und Griechenland. Gemeint war damit nicht nur Irlands Trainer Giovanni Trapattoni, sondern auch Otto Rehhagel. Und der gelernte Maler und Lackierer Otto Rehhagel baut auf seine Fähigkeiten als „Maurer“, um den drohenden Ruhestand abzuwenden. Der 71 Jahre alte Rehhagel nennt das aber nicht Mauern; bei ihm heißt diese Taktik "kontrollierte Defensive". Im entscheidenden Spiel mit Griechenland am Mittwoch (19.00 Uhr) in der Ukraine möchte er sich seinen späten Traum von der ersten WM-Teilnahme 2010 in Südafrika erfüllen.

Vielleicht weil Rehhagel ein ausgewiesener Schöngeist ist und er zudem die Griechen trainiert, sprechen seine Gegner immer schnell von einer Philosophie. So auch der ukrainische Stürmer-Star Andrij Schewschenko. „Das ist die Philosophie der Griechen und ihres Trainers. Sie setzen auf eine solide Verteidigung“, sagte er vor dem entscheidenden Rückspiel in Donezk. Der ehemalige Fußballer Europas und Kapitän fürchtet die Spielweise der Hellenen: „Sie lassen einem nicht viel Raum und werden versuchen, aus dem Nichts zuzustoßen.“ So wie 2004, als Rehhagel Griechenland völlig überraschend zum EM-Titel führte und als „Rehhakles“ gefeiert wurde. Damals war es der Nürnberger Angelos Charisteas, der im Finale das 1:0 gegen Gastgeber Portugal köpfte. Weil Rehhagel wohl erneut nur einen Stürmer aufbieten wird, ruhen die Hoffnungen diesmal vor allem auf Theofanis Gekas von Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen.

In der Öffentlichkeit hat Rehhagel mit seiner unansehnlichen Taktik allerdings viel Kredit verspielt. „Danke schön und auf Wiedersehen“, titelte die Zeitung „Ta Nea“ und läutete bereits den Abgesang auf Rehhagel ein. Als Nachfolger wird unter anderem Ewald Lienen vom Zweitligisten 1860 München gehandelt, der als Klub-Coach Griechenland-Erfahrung vorweisen kann. Doch in der Mannschaft genießt Rehhagel nach wie vor volles Vertrauen. „Unser Trainer hat so viel Erfahrung. Er wird uns zeigen, wie wir die Aufgabe meistern“, betonte Charisteas, und Gekas sieht das 0:0 aus dem Hinspiel sogar als gute Ausgangssituation: „Unsere Stärke liegt im Kontern. Wir sind im Vorteil, denn die Ukraine muss das Spiel machen.“

Das sieht Ukraines defensiver Mittelfeldchef Anatoli Timoschtschuk vom deutschen Rekordmeister Bayern München anders. „Wir haben das Gefühl, die bessere Mannschaft zu sein“, sagte Timoschtschuk, schränkte aber ein: „Das müssen wir auf dem Platz zeigen.“

Rehhagel lässt das ganze Vorgeplänkel sowie die Diskussion um die eigene Person scheinbar kalt. Kein Wort vom Ruhestand. Kein Wort vom letzten Spiel als Trainer. Dabei ist es sein 100. Spiel als Teamchef der Griechen. Eine schöne Zahl für einen Abschied von der Trainer-Karriere. Aber auch eine schöne Zahl für einen historischen Moment: Die WM-Teilnahme der Griechen in Südadfrika.

Mit Medwedew nach Maribor: Slowenien-Russland, 20.45 Uhr

Höchste Unterstützung aus dem Kreml und das goldene Händchen von Guus Hiddink sollen Russland zur Fußball-WM nach Südafrika führen - doch vor dem Rückspiel der Playoffs am Mittwoch (20.45 Uhr) in Slowenien geht die Angst vor dem Aus um.

„Ich bin unruhig, denn wir müssen dort alles zeigen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir mindestens ein Tor erzielen und das WM-Ticket lösen“, sagte Hiddink. 2006 führte er den Außenseiter Australien ins Achtelfinale und scheiterte unglücklich am späteren Weltmeister Italien. 2002 erreichte er mit Südkorea, 1998 mit seiner Heimat Niederlande sogar das Halbfinale.

Seit 15 Jahren also ist keine WM-Endrunde mehr ohne den Startrainer Hiddink über die Bühne gegangen, 2010 könnte es aber noch nicht einmal zur Anreise reichen. Das 2:1 aus dem Hinspiel in Moskau erscheint als sehr dünnes Polster. Staatspräsident Dimitri Medwedew wird daher persönlich einfliegen, um die Russen im Stadion Ljudski Vrt („Volksgarten“) zu unterstützen. Im Hinspiel vergab Russland zunächst zahlreiche Chancen und kassierte dann noch den späten Gegentreffer. Es wird ganz eng. „Das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Wir sind nicht klug gewesen, aber wir können es ja selbst korrigieren“, erklärte Hiddink.

Russlands Staatschef wird im Stadion sein. Die präsidiale Aura wird allerdings auf dem Platz eine geringe Rolle spielen. Ein anderes taktisches Manöver könnte dagegen zumindest einen gegnerischen Spieler beeinflussen. Am Dienstag wurde bestätigt, dass Sloweniens Torjäger und Angreifer des 1. FC Köln, Milivoje Novakovic, just vor dem Entscheidungsspiel ein hübsches Angebot von Lokomotive Moskau ins Haus geflattert ist. „Ja, es stimmt“, sagte Novakovic dem Express: „Ich habe von dem Interesse gehört. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt. Mein Fokus liegt aber ganz klar auf dem FC.“

Novakovic und seine Landsleute, unter anderem der Kölner Teamkollege Miso Brecko, gehen motiviert durch das 1:2 von Nejc Pecnik ins Rückspiel. „Jetzt stehen unsere Chancen bei 50:50. Wir sind ein kleines Volk mit großem Herzen, das ist unser Geheimnis“, sagte Novakovic und blendet völlig aus, dass sich im Luschniki-Park ein Klassenunterschied zwischen wirbelnden Russen und mit Mann und Maus verteidigenden Slowenen offenbarte.

Für die Slowenen führt der Weg zum Erfolg über den harten Kampf. Schmutzig könnte es also werden im Stadion von Maribor. Wenn alles gut geht für Novakovic und seine Kollegen macht das aber nichts. Premierminister Borut Pahor will im Falle des Erfolges die Schuhe der gesamten Mannschaft auf Hochglanz polieren.

Im Geist zählt nur der Kampf: Frankreich - Irland, 21 Uhr

Ja, man könnte jetzt gemein sein: Giovanni Trapattoni "hat noch nicht fertig". Er formulierte es im Vorfeld des entscheidenden Spiels gegen Frankreich aber etwas weniger angriffslustig. "Es ist noch nicht vorbei", sagt er, das 0:1 gegen Frankreich aus dem Hinspiel könne gedreht werden. Der charmante Maestro Trapattoni, 70 Jahre alt. 21 Titel als Trainer. Wenn die Iren unter seiner Regentschaft etwas gelernt haben, dann das: Eine gute Abwehr schadet nicht und Kampfgeist ist erfolgreicher als Schöngeist.

Irlands Nationaltrainer Trapattoni setzt beim Play-off-Rückspiel um die Teilnahme an der WM-Endrunde 2010 gegen Vize-Weltmeister Frankreich am Mittwoch (21.00 Uhr) in Paris auf die Motivation seiner „Boys in Green“. Die Provokationen des französischen Nationalspielers Lassana Diarra nach der 0:1-Hinspielniederlage im Dubliner Croke Park vor vier Tagen dienen dabei als perfekte Steilvorlage. „Einige von uns sind wütend wegen der Dinge, die nach dem Spiel passiert sind. Wir werden am Mittwoch mit einem Messer zwischen den Zähnen auflaufen“, sagte Irlands Stürmer Kevin Doyle. Frankreichs Verteidiger Patrice Evra stellt sich auf einen heißen Tanz im Stade de France ein, denn: „Wir haben Irlands Stolz geweckt.

Bereits nach dem Hinspiel hatte Trapattoni gegen Diarra gewettert: „Was er sagte, beleidigte das gesamte irische Volk.“ Der Mittelfeldspieler von Real Madrid war nach dem Schlusspfiff mit Keith Andrews und Richard Dunne aneinandergeraten. Dabei soll er sie unter anderem als irische Verlierer beleidigt haben, die zu viel mit der Presse reden und versuchen würden, Gelbe Karten gegen die Franzosen zu schinden.

Doch statt sich nun in der Öffentlichkeit zurückzuhalten, goss Diarra weiteres Öl ins Feuer. „Die Iren wollten, dass ich mir eine Karte abhole und gesperrt werde. Das ist eine Schande“, sagte der 24-Jährige und provozierte weiter: „Wenn Andrews mich sucht, kann er mich am Mittwoch auf dem Platz finden.“

Trapattonis Aufgabe wird es sein, die Wut seiner Spieler in die richtige Bahnen zu leiten. „Wir sind Iren, wir spielen mit unserem Herzen“, sagte der frühere Bundesligacoach von Bayern München und des VfB Stuttgart. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Equipe Tricolore bei einem vermeintlichen Vorteil oft an der eigenen Überheblichkeit scheitert. Coach Raymond Domenech packte seine Spieler daher bei der Ehre. „Ich hoffe, dass sie genauso ungeduldig sind wie ich. Ungeduldig, das Spiel zu spielen. Ungeduldig, da rauszugehen und zu zeigen, dass wir das bessere Team sind. Ungeduldig, sich zu qualifizieren“, sagte der Lyoner. Wenn das misslingt, muss Domenech wohl gehen. Seine Worte klingen daher sehr nach Kampfgeist. Das klingt ein wenig nach Irland - und auch nach Trapattoni.

Hoffnung trifft auf Tradition: Uruguay - Costa Rica, 24 Uhr

Eine weitere Entscheidung steht in Lateinamerika an: Uruguay strebt die elfte WM-Teilnahme an. Dazu muss das Team von Trainer Oscar Tabarez zu Hause im Stadion Centenario von Montevideo einen 1:0 Hinspielerfolg gegen Costa Rica verteidigen. Vor 18 000 Zuschauern erzielte Diego Lugano (22.) das Tor des Tages im Hinspiel. Die Hoffnungen der Gastgeber erhielten in der 53. Minute einen herben Dämpfer, als Randal Azofeifa per Gelb-Roter Karte vom Platz gestellt wurde. "Das Ergebnis ist exzellent, aber mit unserer Leistung können wir nicht zufrieden sein. Wir haben zu defensiv gespielt", sagte Uruguays Trainer Oscar Tabarez.

Uruguay ist so etwas wie der vergessene Star in der Geschichte des Fußball. Zwei Mal waren sie Weltmeister, 1930 im eigenen Land, und zwanzig Jahre später noch einmal in Argentinien. Das ist aber schon so lange her, dass sich viele wundern, wenn sie Uruguay hinter Brasilien, Italien, Deutschland und Argentinien auf Platz fünf der Weltmeister-Tabelle.Allerdings hatte das Land mit Entscheidungsspielen zuletzt keine guten Erfahrungen. So endete der Weg nach Deutschland für die Lateinamerikaner vor vier Jahren in Australien. Die Hoffnungen in Costa Rica klingen dagegen eher leise - und auch dort beruft man sich auf die Traditionen des Gegners. "Wir müssen daran glauben, dass wir uns qualifizieren können", predigt Costa Ricas Trainer Simoes. Uruguay, erinnert er, "hat die WM 1950 im Maracana gewonnen. Warum also sollten wir nicht im Centenario gewinnen?" (sid/dpa/abendblatt.de)