Hamburg. Rainer Ganschow (44), der Präsident des Hamburger Judo-Teams, ist "unglaublich nervös". Obwohl der Professor an der Kinderstation des Universitätsklinikums Eppendorf gewöhnlich nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen ist, kann er den Startschuss zum Bundesliga-Finale der deutschen Judoka an diesem Wochenende kaum abwarten. Der Grund seiner Nervosität: "Ein paar unserer Athleten fehlt noch immer das richtige Kampfgewicht", sagt er.

Seine Mannschaft, das Hamburger Judo-Team, qualifizierte sich erstmals in ihrer sechsjährigen Vereinsgeschichte für die "Final Four" der Judo-Bundesliga und hat als Sieger der Nord-Serie am Sonnabend (11 Uhr, Sporthalle Wandsbek) auch noch Heimvorteil. Dort wollen die Hamburger Judoka, die von Slavko Tekic (39), Hamburgs frisch gekürtem Trainer des Jahres, angeleitet werden, unbedingt ins Finale einziehen, wo sie voraussichtlich auf den niederbayerischen Serienmeister TSV Abensberg mit Peking-Olympiasieger Ole Bischof (30) treffen würden, der sich im Halbfinale gegen den JC Leipzig durchsetzen muss.

Sollte es den Hamburgern gelingen, mit einem Erfolg über den schwäbischen Spitzenklub KSV Esslingen bis ins Finale vorzustoßen, "werden wir bis zum Umfallen um jeden einzelnen Punkt kämpfen", prophezeit Teammanager Thomas Schynol.

Der größte Erfolg der bisherigen Vereinsgeschichte kommt nicht als Eintagsfliege daher: "Seit dem Jahr 2003 verfolgen wir im Hamburger Verband ein Leistungssportkonzept, das unter anderem einen Trainingsstützpunkt für Schüler beinhaltet", erklärt Ganschow. Lokale Judo-Talente sollten in Hamburg ausgebildet und gehalten werden. Die regionalen Vereine einigten sich auf einen Zusammenschluss, um ihre finanziellen Kräfte zu bündeln. Nun trägt das langfristige Projekt erste Früchte. Mit Willi Wittermann, Maxim Schitov, Max Münsterberg und Robin Wendt rückten in diesem Jahr bereits vier deutsche Jugend- oder Juniorenmeister aus der eigenen Abteilung in den Profikader auf.

In der Nord-Serie der zweigleisigen Judo-Bundesliga beendete man die reguläre Saison souverän an der Tabellenspitze. "In diesem Jahr haben sich die Spitzenvereine zum ersten Mal nach uns umgesehen", sagt Ganschow. Dennoch schienen einige Gegner die Hamburger zu unterschätzen. Im Viertelfinale gegen Ettlingen überrumpelte Max Münsterberg, amtierender deutscher U-20-Meister, den georgischen Routinier Levan Tsiklauri. Die junge Mannschaft bog daraufhin noch einen 2:5 Rückstand um. Eine Initialzündung, auf die Ganschow auch beim "Final Four" hofft.

Sorgen, dass die Hamburger Talente von finanziell stärkeren Vereinen abgeworben werden könnten, hat er derzeit nicht: "Das wird erst ein Thema, wenn den großen Vereinen Athleten aus der eigenen Jugend fehlen." Bis dahin will sich der Hamburger Verband zum Judo-Bundesstützpunkt mausern und seinen Saisonetat von derzeit 200 000 Euro erweitern, um nicht von großen Klubs als Talentschmiede missbraucht zu werden. Ein Triumph am Wochenende würde auf diesem Weg helfen - und zur Entspannung des Präsidenten beitragen.