Als die Copacabana nach Rios “Olympiasieg“ Carnaval do Brasil feierte, war der mächtigste Mann der Welt in Erklärungsnot. Ganz Amerika zerriss sich über die olympische Niederlage von US-Präsident Barack Obama das Maul. “No, he can't“, “The Ego has landed“.

Kopenhagen/Rio de Janeiro. Die von Rio de Janeiro ausgehende olympische Begeisterung erfasste dagegen einen ganzen (Sub-)Kontinent. "Wenn ich heute sterben müsste, wüsste ich, dass es sich gelohnt hat zu leben. Es ist ein Sieg von 190 Millionen Brasilianern, des südamerikanischen Kontinents, ganz Lateinamerikas", sagte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva mit Tränen in den Augen, nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Sommerspiele 2016 nach Südamerika vergeben hatte. Der Kandidat der Herzen machte das Rennen. "Das ist eine schöne Geschichte", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge. Nur Afrika ist jetzt noch ein weißer Fleck auf der olympischen Landkarte, hat aber die Fußball-WM 2010 in Südafrika und kann sich Hoffnung auf die Spiele 2020 machen.

Rios Sieg im letzten Wahlgang über Madrid fiel mit 66:32-Stimmen überwältigend aus, die Niederlage von Barack Obamas Favorit Chicago umso deftiger. Nach dem Erstrunden-K.-o. mit nur 18 Stimmen schossen sich Medien und politische Konkurrenz auf den extra für fünf Stunden nach Kopenhagen geflogenen und siegverwöhnten Präsidenten ein. "Die Welt hat Obama zurückgewiesen", lästerte das Internetportal "Drudge Report", und die "New York Times" meinte: "Nicht mal Silber oder Bronze." Öl ins Feuer goss der republikanische Parteistratege Rich Galen: "Obama wird in den kommenden Wochen die Lachnummer vom Capitol Hill sein."

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, dieses simple Prinzip gilt sogar für den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Trotzdem trat Obama nicht nach. Zusammen mit seiner First Lady Michelle hatte er vor den 103 IOC-Mitgliedern für Chicago geworben. "Eines der wertvollsten Dinge im Sport ist die Tatsache, dass man ein großartiges Match spielen und doch nicht gewinnen kann. Deshalb könnte ich nicht stolzer auf meine Heimatstadt sein, auch wenn ich wünschte, wir wären mit besseren Neuigkeiten aus Kopenhagen zurückgekehrt."

Zum Stolperstein wurde für Obama wohl der ungelöste Konflikt um die Bevorteilung des Nationalen Olympischen Komitees (USOC) bei der Verteilung der Milliarden-Einnahmen des IOC. Erst im Frühjahr hatte das USOC der Modifizierung eines Knebelvertrags widerwillig zugestimmt: Seit 1988, als fast alle Sponsoren des IOC aus den USA stammten, sichert ein unbefristeter Kontrakt dem USOC 12,75 Prozent der Zahlungen des US-Fernsehens und 20 Prozent der Einkünfte aus dem IOC-Sponsorenprogramm zu, etwa 450 Millionen Dollar in der laufenden, vierjährigen Olympiade. Obwohl alle anderen 204 NOKs nur gemeinsam so viel erhalten, stimmten die Amerikaner lediglich zu, von 2020 an den Verteilerschlüssel gerechter zu gestalten.

Der Sieg Rios geht vor allem auf das Konto von Präsident Lula und Fußballidol Pelé. Zwei Jahre nach der Fußball-WM 2014 wird die Sportwelt erneut zu Gast in der laut "Forbes"-Magazin "fröhlichsten Stadt der Welt" sein. Pelé konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. In Rio strömten Hunderttausende Menschen zum weltberühmten Strand in Copacabana und feierten den olympischen Ritterschlag mit lauter Musik und großem Geschrei. "Ich bin Carioca, mit viel Stolz und viel Liebe" - das Bekenntnis zur "cidade maravilhosa", der wundervollen Stadt, klang vom Zuckerhut durch die Straßenschluchten bis hoch zur Christusstatue.

Der Sieg wurde sogar von den Verlierern als historisch eingestuft. Spaniens Premierminister José Luis Zapatero sprach vom Sieg eines "großartigen Kandidaten". Dem hatte Madrid nichts entgegenzusetzen. Die letzte Bitte von IOC-Ehrenpräsident Juan Antonio Samaranch war nicht genug. Madrids Scheitern erhöht die Chancen für Münchens Bewerbung um die Winterspiele 2018. Die Entscheidung fällt im Juli 2011.