Wie es aussieht, wenn es bei einer Mannschaft läuft und bei der anderen nicht, war in der 59. Minute des Spiels der HSV-Handballer bei den Rhein-Neckar Löwen zu beobachten.

Mannheim. Hamburgs Torwart Johannes Bitter hatte den Ball weit nach vorn gepasst, sein Gegenüber Henning Fritz erkannte die Situation, hastete heraus, doch zu langsam, um Hans Lindberg am Fangen zu hindern. Lindbergs Wurf ins leere Tor war der kuriose, aber bezeichnende Schlusspunkt beim 34:30-(15:16)-Auswärtssieg, mit dem der HSV die Löwen in ihrer Mannheimer SAP-Arena bis auf Weiteres aus dem Titelrennen verabschiedete.

Im Februar 2004 hatte es den bis dato einzigen HSV-Sieg bei diesem Gegner gegeben. Der hieß damals SG Kronau/Östringen, spielte in einem Ort namens Eppelheim und war als Tabellenletzter auf dem Weg in die Zweite Liga. Seither ist einiges passiert. Heute ist es das neben dem HSV ehrgeizigste Handballprojekt im Land. Wobei die Hamburger sportlich stets einen kleinen Vorsprung hatten. Am Freitag haben sie ihn glänzend ausgespielt.

Als "Topfavoriten auf die Meisterschaft" hatte Löwen-Manager Thorsten Storm den HSV angekündigt. Überhaupt hatten sich die Löwen im Vorfeld zu zahmen Hauskatzen klein geredet. Offenbar mit Erfolg: Der HSV schien überrascht von der zähnefletschenden Aggressivität zu sein, mit welcher der Gegner unter dem Trommel-Feuer von 11 141 Fans zupackte. Kurz nachdem Patrick Groetzki mit zwei Unterzahltoren das 8:4 herauswarf (10.), war das Vertrauen von Trainer Martin Schwalb in die 3-2-1-Deckung aufgebraucht.

"Da haben wir nie den Bezug gefunden, uns fehlte die Entschlossenheit", erkannte Schwalb. Und siehe da: Gegen seine 6-0-Formation taten sich die Gastgeber erheblich schwerer. Gegenstoß um Gegenstoß arbeiteten sich die Hamburger heran - ohne Blazenko Lackovic. Der Kroate hatte sich bei einem Gegenstoßtor am Rücken verletzt. Domagoj Duvnjak musste nun nach halblinks ausweichen und Kapitän Guillaume Gille auf der Mittelposition gegen seine Kniereizung anspielen. Und doch konnte der HSV nun das Tempo anziehen. "Man merkt, dass Hamburg eingespielter ist als wir", stellte Storm fest. Aus dem spielerischen Vorsprung wurde kurz nach der Pause durch Torsten Jansens Tor zum 17:16 erstmals ein rechnerischer.

Absetzen konnte sich bis 15 Minuten vor dem Ende keine Mannschaft (23:23). Dann zog der zurückgekehrte Bitter den drei besten Löwen-Schützen den Zahn: Binnen einer Minute parierte er in Unterzahl einen Siebenmeter Uwe Gensheimers, einen Gegenstoß Groetzkis und Karol Bieleckis Gewaltwurf. Davon sollten sich die Gastgeber nicht mehr erholen.

Tore, Rhein-Neckar: Bielecki 7, Groetzki 6, Gensheimer 5 (1 Siebenmeter), Myrhol 4, Stefansson 3 (1), Sigurdsson 2, Gudjonsson 2, Harbok 1; Hamburg: Lindberg 10 (5), M. Lijewski 4, Duvnjak 4, Vori 4, G. Gille 4, Lackovic 4, Jansen 3, K. Lijewski 1. Schiedsrichter: Methe/Methe (Vellmar). Zuschauer: 11 141. Zeitstrafen: 5; 4.