Die Haltbarkeit von Werbebotschaften ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. “Handball - der ganz große Wurf“, so trommelte RTL Anfang des Jahres für die WM der Männer in Kroatien.

Hamburg. Den "großen Wurf" kündigt nun auch das DSF für die beginnende Bundesligasaison an. 91 Spiele, so viele wie noch nie, überträgt der Münchner Privatsender im frei empfangbaren Fernsehen live, darunter das Auftaktmatch des HSV am Sonntag beim TV Großwallstadt (17.45 Uhr). Dazu kommen 85 kostenpflichtige Livebegegnungen im Internet (www.dsf.de).

"Der Handball ist seit 15 Jahren bei uns beheimatet, aber wir haben ihm ein ganz neues Haus gebaut", frohlockt Chefredakteur Alexander Rösner. Das Dienstagsspiel bleibt, zusätzlich soll der Handball den Sonntag aufwerten, nachdem der Sender seine Fußball-Exklusivrechte an die Dritten Programme verloren hat.

Auch inhaltlich will das DSF in die Offensive gehen. Beschränkte sich die Berichterstattung bisher im Wesentlichen aufs Spielgeschehen, will man den Zuschauer künftig in zehn- bis 15-minütigen Magazinen auch mit Hintergründigem versorgen. Handball "von einer anderen Seite" verspricht Rösner: "Seit der WM 2007 in Deutschland hat dieser Sport Einzelhelden. Die wollen wir präsentieren." Den bekanntesten Handballer, Stefan Kretzschmar, hat der Sender vorsorglich gleich als Experten verpflichtet.

Auf 300 000 Zuschauer schätzen Experten die Kernzielgruppe eines Handballspiels. Doch das Potenzial ist schier unbegrenzt. ARD und ZDF erreichten beim WM-Heimsieg 2007 bis zu 20 Millionen Menschen. 40 Prozent der Bundesbürger bezeichnen sich seitdem als handballinteressiert. Und doch blenden sich die öffentlich-rechtlichen Sender nun aus der Bundesliga aus: Das NDR- und WDR-Format "Liga 1" wurde wegen schwacher Einschaltquoten eingestellt. Ob und wie das gebührenfinanzierte Fernsehen künftig berichtet, darüber wird noch verhandelt. Auch der Hamburger Bezahlsender Sportdigital (HBL.TV) gab die Rechte zurück.

"Wir haben jetzt alles in einer Hand", sagt Rösner. Das trifft allerdings nur auf die Bundesliga zu. Ausgerechnet am attraktiven Sonntagnachmittag funkt Eurosport mit der Champions League und den besten deutschen Teams Kiel, Hamburg und Rhein-Neckar Löwen dazwischen. "Es ist schade für die Fans, dass die EHF in unserem Revier wildert", zürnt der Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann. Man habe den Europaverband früh über den DSF-Deal informiert. Die EHF aber, die ihren Vertrag mit Eurosport gerade verlängert hat, nimmt bei ihren Ansetzungen von jeher wenig Rücksicht auf ihren wichtigsten Markt.

Umso mehr können die kleineren Klubs darauf hoffen, es auf den Bildschirm zu schaffen und sich für Sponsoren in Szene zu setzen. Bohmann sieht den TV-Vertrag deshalb sogar als Schritt zu mehr Chancengleichheit.

Die Nachteile lassen sich im HSV-Terminplan ablesen: Für die neun Heimspiele der Hinrunde gibt es, auf Wochentag und Uhrzeit bezogen, neun verschiedene Anwurfzeiten. "Das Fernsehen diktiert das", sagt Präsident Andreas Rudolph, "glücklich sind wir damit auch nicht."