Der 21 Jahre alte Dresdner belegte den geteilten dritten Platz. Neuer Weltmeister wurde der Russe Jaroslaw Rybakow. Die ersten vier übersprangen 2,32 Meter.

Berlin. Raúl Spank stand an der Bande des Olympiastadions. Er mochte nicht hinschauen, aber natürlich drehte er sich dann doch um und schaute. Und als bei dem Polen Sylwester Bednarek die Latte fiel, da fiel auch von ihm die Anspannung ab. Er rannte zu seinen Trainern, ließ sich eine deutsche Fahne reichen und machte sich auf den Weg, die Ovationen des Publikums für eine außergewöhnliche Leistung entgegenzunehmen. Der 21 Jahre alte Dresdner hatte die Bronzemedaille gewonnen, wie tags zuvor Ariane Friedrich. Mit dem Unterschied, dass ihre eine kleine Enttäuschung war und seine eine kleine Sensation. 2,32 Meter - selbst der neue Weltmeister Jaroslaw Rybakow aus Russland und der zweitplatzierte Zyprer Yoannou Kyriakos hatten keine größere Höhe anzubieten.

"Ich war fast übermotiviert. Vielleicht war sogar mehr drin. Aber unter diesen Bedingungen ist Bronze super, gigantisch, perfekt", sagte Spank. Einmal nur in seiner Karriere hatte er diese Höhe gemeistert: vor einem Jahr bei den Olympischen Spielen. Damals hatte er sich selbst übertroffen, was außer ihm kaum einem im deutschen Lager gelungen war. Spank muss seither den Nachweis nicht mehr erbringen, dass er ein Vertreter der Gattung Wettkampftyp ist. Der Name Spank fiel oft, wenn es um die Frage ging, wer nach dem hoffnungslosen Auftritt von Peking ein Hoffnungsträger für Berlin sein könnte. Er selbst hatte sich für die WM eine bessere Platzierung vorgenommen - "aber nicht den vierten Platz".

Er hat Wort gehalten.

Dabei geschahen seltsame Dinge in diesem nacholympischen Jahr. Gleich im Januar rutschte Spank in seiner Heimatstadt auf glatter Straße aus und prellte sich das Kreuzbein. Vor zwei Monaten dann verletzte er sich beim Aufwärmen am linken Sprungfuß. Es hat den Wirtschaftsstudenten die Teilnahme an der Universiade gekostet. Er wäre wohl besser hingefahren nach Belgrad, denn zu Hause brachte ihn ein Wäschesack aus dem Gleichgewicht, und die Fußbeschwerden waren wieder da. Sie behinderten ihn lange beim Ein- und Auslaufen.

Aber davon war an diesem Freitagabend nichts mehr zu spüren, und wenn, dann hat es Spank sich nicht anmerken lassen. Auch nicht, ob ihm die Umstände zusetzten. Denn die Hochspringer hatten zunächst einmal eine Geduldsprobe meistern müssen. Ein Regenguss hatte das Abendprogramm unterspült. Erst eineinhalb Stunden später als vorgesehen, wurde die Anlage freigegeben. "Ich glaube, ich war fünf Stunden in Aktion", rechnete Spank später nach. Als es dann losging, regnete es zwar nicht mehr. Doch der Anlauf war so feucht und die Luft so kühl, dass eigentlich keine großen Höhen mehr zu erwarten waren. Tatsächlich schafften es lediglich vier Springer über 2,28 Meter. Nur: Dabei blieb es nicht. Alle vier schlängelten sich trotz der Widrigkeiten über die 2,32 Meter. Sie alle dürfen sich am Sonnabend den Lohn aushändigen lassen: eine Medaille. Es soll nicht die letzte für Spank bleiben: "Meine langfristigen Ziele sind 2,40 Meter und der Olympiasieg", sagte er. Bei ihm klingt das wie eine Drohung.

Kurz nachdem ihm sein großer Sprung gelang, kam unter den 42 378 Zuschauern noch einmal Jubel auf. Nadine Müller hatte den Diskus im dritten Versuch auf 62,04 Meter geschleudert, zu diesem Zeitpunkt die drittbeste Weite der Konkurrenz. Für die Bronzemedaille reichte es am Ende beim Sieg der Australierin Dani Samuels (65,44) nicht. Aber der sechste Platz ist weit mehr, als man in diesem Wettbewerb erwarten durfte, nachdem Titelverteidigerin Franka Dietzsch in der Qualifikation hängen geblieben war. Eine Nachfolgerin der Diskus-Queen, die zu Saisonende abdankt, scheint bereits gefunden zu sein.

Weniger Glück hatte Bianca Kappler (32). Die aus Hamburg stammende Weitspringerin blieb bei Starkregen und Gegenwind mit 6,29 Metern wie Beatrice Marscheck (6,19) und Melanie Bauschke (6,32) in der Qualifikation hängen. 31 Zentimeter hatte Kappler im ersten Versuch vor dem Balken verschenkt. "Sonst wären es über 6,50 Meter gewesen", haderte Kappler: "Es wird einige Tage dauern, bis ich das verdaut habe."

Zweiter Dopingfall bei der WM: Amaka Ogoebunam aus Nigeria wurde mit dem anabolen Steroid Metenolon erwischt. Die 19-Jährige verzichtete auf die Öffnung der B-Probe. Der Test war nach ihrem Halbfinale über 400 m Hürden vorgenommen worden. In dem Rennen war Ogoebunam am Dienstag disqualifiziert worden, weil sie eine Hürde nicht vorschriftsmäßig überquert hatte.