Falscher Verdacht oder bittere Wahrheit - an 800-m-Weltmeisterin Caster Semenya scheiden sich die Geister. In Semenyas Heimat Südafrika läuft die Politik Sturm gegen den umstrittenen Geschlechtstest, den der Weltverband IAAF angeordnet hatte.

Berlin/Johannesburg. Das Frauen-Ministerium gratulierte demonstrativ zum Gold, die Regierungspartei ANC forderte: "Wir müssen uns hinter unser Golden Girl stellen." Die Kommunistische Partei verurteilte den Test gar als Rassismus. "Er repräsentiert eine Mentalität, die konform geht mit dem Schönheitsideal der weißen Rasse."

Die 18 Jahre alte Semenya hatte am Mittwochabend trotz der Aufregung um ihre Person in herausragenden 1:55,45 Minuten 800-m-Gold gewonnen. Es wird jedoch für möglich gehalten, dass sie unwissend eine männliche Chromosomen-Kombination in sich trägt. Experten seien mit der Untersuchung beschäftigt, räumte die IAAF kurz vor dem WM-Finale ein. Anschließend hielt sie Semenya von den Medien fern.

Semenya war wegen ihres jungenhaften Aussehens und ihrer dunklen Stimme in ihrer Heimat offenbar lange gehänselt worden. Ihre Familie wischte jedoch alle Zweifel weg und bekräftigte, dass ihre Tochter eine Frau sei. "Sie können jeden bei uns im Dorf fragen", sagte Mutter Dorcus: "Ich sorge mich nicht, denn ich weiß, dass mein Kind ein Mädchen ist." Die beste Freundin der 800-m-Weltmeisterin sagte, Semenya habe nie Interesse an einem Freund gehabt. "Sie mag keine Jungs." Ein früherer Lehrer erklärte, er sei "sehr stolz" auf seine Ex-Schülerin, gestand aber auch: Es dauerte bis zur 11. Klasse, ehe er realisierte, dass Semenya ein Mädchen ist. Die Läuferin war Ende Juli in 1:56,72 aus dem Nichts in die Weltspitze vorgestoßen. Danach verlangte die IAAF bereits Aufklärung vom südafrikanischen Verband. Das Ergebnis des komplizierten Tests wird in einigen Wochen erwartet.